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Lucha: Impfangebot kann wieder hochgefahren werden

Anfang der Woche noch mahnte der Leiter des Corona-Krisenstabs im Kanzleramt, die Infrastruktur für das Impfen müsse erhalten bleiben. Nun dampft das Land seine Angebote kräftig ein. Minister Lucha ist überzeugt: Wir können jederzeit wieder hochfahren.

Corona-Impfung
Eine Frau wird bei einer Impfaktion gegen Corona geimpft. Foto: Daniel Bockwoldt
Eine Frau wird bei einer Impfaktion gegen Corona geimpft.
Foto: Daniel Bockwoldt

Baden-Württemberg fährt sein Impfangebot Ende nächster Woche wegen fehlender Nachfrage massiv herunter. Zunächst soll es ab 1. April nur noch ein mobiles Impfteam und einen Stützpunkt pro Stadt- und Landkreis geben. Nach den Fraktionen von Grünen und CDU stimmte auch die Regierung dem Vorschlag des Sozialministeriums am Donnerstag zu. Bisher hatte es etwa 350 mobile Teams und 135 Impfstützpunkte gegeben, die vom Land finanziert wurden. Die Koalition ist überzeugt, dass es mit der verbleibenden Struktur möglich sei, flexibel zu reagieren, wenn sich die Pandemie dramatisch zuspitzen sollte.

»Leider ist die Nachfrage nach Corona-Impfungen in den vergangenen Wochen sehr zurückgegangen«, teilte Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) am Donnerstag mit. »Wir müssen unsere Impfinfrastruktur an die Nachfrage anpassen. Mit unserem Konzept gewährleisten wir aber weiterhin ein flächendeckendes Angebot in ganz Baden-Württemberg - das wir flexibel jederzeit wieder hochfahren können, sobald der Bedarf da ist.« Bis dahin würden zentrale Koordinatoren in den Kreisen dafür sorgen, dass das Angebot jederzeit der Nachfrage entspreche.

Noch Anfang der Woche hatte der Leiter des Corona-Krisenstabes im Kanzleramt, Generalmajor Carsten Breuer, die Länder gemahnt, die Leistungsfähigkeit der Impfzentren aufrechtzuerhalten. Bei weiteren nötigen Impfungen sei Grundvoraussetzung, dass die Infrastruktur stehe, »von der Logistik bis zum Stich in den Oberarm«, sagte Breuer der Deutschen Presse-Agentur. »Wir müssen jetzt überlegen, ob wir wirklich Impfzentren schließen können und wenn, wie schnell wir sie dann wieder aufwachsen lassen können.«

Es müsse geklärt werden, zu welchem Anteil niedergelassene Ärzte dann die Impfungen übernehmen könnten und was durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst abgedeckt sei. »Ziel muss es sein, dass wir falls nötig, und ich denke da in Worst-Case-Szenarien, dass wir dann innerhalb kürzester Zeit die gesamte Bevölkerung, also alle Impfwilligen in Deutschland, auch impfen können«, sagte Breuer.

Das Land will zusätzlich noch Geflüchteten aus der Ukraine ein Impfangebot machen. Bei Bedarf sollen dafür noch einmal zusätzlich zehn mobile Einheiten eingesetzt werden. Das neue Impfkonzept, mit dem vor allem auch hohe Kosten gesenkt werden, soll bis Ende Mai überprüft werden. Dann soll geklärt werden, ob eine Impfeinheit für zwei Stadt- oder Landkreise ausreicht. Zudem könne man dann entscheiden, ob man die zehn Impfteams für ukrainische Geflüchtete auf fünf reduzieren kann. Perspektivisch will sich das Land aus der Organisation des Impfens wieder zurückziehen und dies in die Hand der Ärzteschaft legen.

Mit dem verschlankten Impfkonzept will die Regierung die enormen Kosten drücken. Das neue Konzept soll bis Ende September knapp 55 Millionen Euro kosten. Das Geld soll aus der Rücklage für Haushaltsrisiken kommen. Das Impfen und Testen hat das Land im vergangenen Jahr mehrere Hundertmillionen Euro gekostet.

Das Land hatte die großen Impfzentren im Sommer wegen fehlender Nachfrage geschlossen und auf mobile Teams umgestellt. Doch dann kam in der vierten Corona-Welle mit der Delta-Variante der hohe Bedarf an Booster-Impfungen. In den Kreisen wurden ab November Impfstützpunkte aufgebaut, um der Nachfrage nach Auffrischungsimpfungen nachkommen zu können. Mittlerweile sind in Baden-Württemberg gut 8,2 Millionen Menschen zweimal geimpft, das sind 74 Prozent. Geboostert sind knapp 6,3 Millionen Menschen im Südwesten - das sind etwa 57 Prozent.

Doch zuletzt kam die Impfkampagne kaum noch voran. Experten und Politik mahnen weiter, dass nur eine Dreifachimpfung gegen einen schweren Verlauf bei einer Covid-19-Erkrankung schützt. Doch schon seit Wochen lassen sich kaum noch Menschen immunisieren. Dennoch gibt es einige Faktoren, die in absehbarer Zeit breite Impfangebote nötig machen könnten. So könnte es eine neue Virusvariante oder einen Omikron-Impfstoff geben. Diskutiert wird auch eine vierte Impfung für breite Bevölkerungsgruppen im kommenden Herbst. Unklar ist auch noch, ob die Impfpflicht nun wirklich kommt.

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke erneuerte seine Kritik am neuen Impfkonzept der Regierung. »Einerseits die Impfzentren zu schließen und andererseits von einer allgemeinen Impfpflicht zu fabulieren, zeigt einmal mehr die volle Orientierungslosigkeit der Landesregierung in dieser Pandemie.« Es müsse genügend freiwillige Impfangebote geben. »Wir müssen bei den steigenden, aber noch nicht bedrohlichen Zahlen die logistischen Voraussetzungen dafür schaffen, dass wir im Herbst nicht wieder in einen neuen Lockdown kommen.«

© dpa-infocom, dpa:220324-99-652247/5