Rund 30 Aktivisten der linken Szene haben eine Podiumsdiskussion zur Rolle der Polizei in der Demokratie in einer Gedenkstätte in Heidelberg lautstark gestört. Bei der Veranstaltung am Donnerstagabend in der Friedrich-Ebert-Gedenkstätte hatten die Störer gleich nach Beginn laute Parolen gegen die Polizei gerufen und das Gebäude zunächst nicht verlassen wollen. Es gab tumultartige Szenen, berichteten die Veranstalter. Nach Angaben der Polizei wurden bei einer anschließenden kurzen Auseinandersetzung ein Aktivist und ein Polizist durch Pfefferspray leicht verletzt.
»Es war ein Paradebeispiel, dass die Demokratie geschützt werden muss gegen extreme Kräfte von rechts und links«, sagte Bernd Braun, der Geschäftsführer der Gedenkstätte, der Deutschen Presse-Agentur. »Leider ließen die Störer überhaupt nicht mit sich reden«, so der Geschichtsprofessor am Freitag.
Die Polizei nahm wegen des Verdachts des Hausfriedensbruchs Personalien auf. Ein Aktivist, der auf einen Polizisten zugerannt sein soll, wurde vorläufig festgenommen. Er war kurz darauf wieder auf freiem Fuß. Die Störer müssen mit Strafanzeigen rechnen.
Die Podiumsdiskussion im Rahmen der Sonderausstellung »Freunde - Helfer - Straßenkämpfer. Die Polizei in der Weimarer Republik« konnte danach stattfinden. Die Wanderausstellung des Polizeimuseums Niedersachsen, die noch bis zum 11. Juni in Heidelberg zu sehen ist, zeichnet die widersprüchliche Geschichte der Polizei in der Weimarer Republik nach.
Die Gedenkstätte hatte nach dem Tumult auf ihrer Internetseite geschrieben, die Rolle der Polizei in der Demokratie sei offenkundig ein hoch emotionales Thema. »Sehr bedauerlich ist hingegen, dass keinerlei Bereitschaft bestand, in einen Dialog zu treten und stattdessen versucht wurde, die Veranstaltung durch das Verlesen von Parolen und Sprechchören zu sprengen.«
Braun zufolge hinterließen die Aktivisten im Gästebuch der Gedenkstätte den Eintrag: »Bullen töten!« Die vorwiegend jungen Leute - sie befanden sich unter den Zuhörern und machten etwa die Hälfte aus - hätten unter anderem »Polizisten sind Mörder« gerufen und auf einen Polizeieinsatz vom 2. Mai vergangenen Jahres in Mannheim verwiesen, bei dem ein Mann zusammengebrochen war.
Einsatzkräfte und ein Arzt des Zentralinstituts für seelische Gesundheit Mannheim, der mit der Polizei den Patienten gesucht hatte, hatten sich um den 47-Jährigen gekümmert. Der Mann war aber später im Krankenhaus gestorben.
Früheren Angaben des Landeskriminalamts zufolge kursierte im Internet mindestens ein Video, auf dem zu sehen ist, wie einer der Polizisten den auf dem Boden liegenden Mann gegen den Kopf schlägt.
Mit den Hinterbliebenen solidarisierten sich viele Menschen. Die Initiative »2. Mai Mannheim« will am Dienstag mit einer Demo an das Geschehen erinnern. Sie will auch ein Zeichen setzen, damit psychisch erkrankte Menschen nicht durch Polizeigewalt sterben.
»Kritik an Bullen wird mit Polizeigewalt beantwortet«, schrieb die »Antifaschistische Initiative Heidelberg« am Freitag auf ihrer Facebook-Seite. »In Anbetracht der Tatsache, dass die Veranstaltung kurz vor dem ersten Jahrestag der Ermordung von A. P. durch Mannheimer Bullen stattfinden sollte, hielten es einige Menschen für angebracht, ihre Kritik an der Polizei in die Podiumsdiskussion, zu der mehrere hochrangige Polizeifunktionäre des Mannheimer Präsidiums eingeladen waren, einzubringen«, hieß es dort weiter.
Aus Sicht der Initiative setzt sich die Wanderausstellung unkritisch mit der Rolle der Polizei in der Weimarer Republik auseinander.
Mitteilung der Friedrich-Ebert-Gedenkstätte
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