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Lernsystem Moodle besteht erste Bewährungsprobe nicht

Für die Schüler im Land soll die Schule weitergehen - wenn auch auf Sparflamme. Doch der digitale Unterricht hat seine Tücken.

Unterricht mit iPad
Ein Schüler tippt auf einem iPad. Foto: Rolf Vennenbernd/Archiv
Ein Schüler tippt auf einem iPad. Foto: Rolf Vennenbernd/Archiv
STUTTGART.  Der Start in den wegen der Corona-Krise digitalen Unterricht im Südwesten war holprig. Zehntausende Schüler mussten sich mit der Lernplattform Moodle herumschlagen. Zu diesen gehört auch Samuel Hochwald. Der Achtklässler eines Stuttgarter Gymnasiums erzählt von seinen Problemen mit Moodle. »Die benötigte Seite habe ich nicht gleich gefunden, und die Aufgaben lassen sich nur langsam hochladen.« Dass am Tag eins der Schulschließung in Baden-Württemberg der digitale Unterricht nicht reibungslos ablief, bestätigte auch der Landesschülerbeirat. Dessen Schnellumfrage ergab, dass Moodle »komplett gecrasht« ist, also wegen Überlastung nicht funktionsfähig war.

Das Kultusministerium hatte Moodle als Lernmanagementsystem bereit gestellt. Dieses kostenlose Instrument für interaktiven Unterricht ermöglicht es, Lerngruppen zu bilden, den Schülern Aufgaben und Materialien zuzuleiten und Arbeitsergebnisse zu bewerten. Moodle wird seit vielen Jahren von einigen Schulen sowie in der Lehrerfortbildung eingesetzt und weiterentwickelt. Das Ministerium bat um Verständnis für die Anlaufschwierigkeiten. Ressortchefin Susanne Eisenmann (CDU) betont: »So eine Situation hat es noch nie gegeben. Wir arbeiten alle rund um die Uhr mit Hochdruck an Lösungen.« Infolge von sieben Millionen Webaufrufen von 71 000 verschiedenen Nutzern sei Moodle am Montag zusammengebrochen.

Der Sprecher des Landesschülerbeirats, Roman Rauch, bedauert, dass die Bildungsplattform ella wegen technischer Mängel gescheitert ist. Sie hätte eine bessere landesweite Vernetzung zwischen Schülern und Lehrern gewährleistet als Moodle. Das Land will eine überarbeitete Version von ella den Schulen erst bis zum Frühjahr 2023 anbieten. Der Landeselternbeirat sieht Baden-Württembergs Schulen hinsichtlich digitaler Bildungsangebote in der Steinzeit. Verbandschef Carsten Rees meint: »Nachdem die Bildungsplattform ella zusammengebrochen ist, stehen wir saublöd da.« Da pflichtet Samuels Mutter, Franziska Buchwald, bei. Sie sagt: »In den letzten Jahren ist Moodle so wenig genutzt worden, dass nur wenige Serverplätze eingerichtet wurden.« Für die Lehrer sei das System ein Feigenblatt - sie seien nicht wirklich bereit gewesen, sich mit der neuen Technologie zu beschäftigen. Deshalb komme es jetzt zu Kapazitätsengpässen.

An der Gemeinschaftsschule im hohenlohischen Neuenstein, die eine Variante des Lernprogramms Microsoft 365 nutzt, ist der erste Lerntag in der virtuellen Welt gut angelaufen. »Als ich heute um acht Uhr nachschaute, waren 30 von 50 Neuntklässlern online«, erzählt Direktor Matthias Wagner-Uhl. Die wenigen Gemeinschaftsschulkollegen, die Moodle nutzten, hätten ihm hingegen von Schwierigkeiten berichtet. Kein Wunder, findet er. Moodle sei ein »Krückstock«, komplex und schwer zu bedienen. Dem Ministerium fehle seit Jahren eine vorausschauende Digital-Strategie, sagt der Pädagoge, der auch Sprecher des Verbandes der Gesamtschulen ist. Baden-Württemberg hinke im Vergleich mit manchen Bundesländern, aber auch international hinterher. »Frau Eisenmann hat die Entwicklung verbummelt.«

Das Ministerium betont, vom Zusammenbruch von Moodle sei nicht nur Baden-Württemberg betroffen. »Überall in Deutschland sind durch die Ausnahmesituation in Firmen und Schulen Angebote über das Internet ausgefallen - auch Microsoft-Angebote.« (dpa)