Angesichts der hohen Zahl von Sexualdelikten kritisieren Psychotherapeuten die aus ihrer Sicht völlig unzureichende Zahl an Traumaambulanzen im Südwesten. »Eine rasche Versorgung ist in Baden-Württemberg trotz gesetzlicher Verpflichtung nicht gewährleistet«, kritisierten die Landespsychotherapeutenkammer Baden-Württemberg und der Opferschutzverein BIOS-BW am Freitag in Stuttgart.
Seit dem 1. Januar 2021 hätten zwar alle Opfer von Gewalttaten einen weitgehenden Rechtsanspruch auf Leistungen der Traumaambulanz. »Doch in keinem Bundesland gibt es relativ zur Einwohnerzahl weniger Traumaambulanzen als in Baden-Württemberg«, bemängelten die Experten.
Im Südwesten fehlten mehr als 20 Traumaambulanzen, um den Bundesdurchschnitt zu erreichen. Wichtig sei es vor allem, eine Versorgung in der Fläche anzubieten. Es sei eine gesellschaftliche und gesetzliche Pflicht, Opfer von Gewalt- und Sexualstraftaten frühzeitig durch psychotherapeutisch kompetentes Fachpersonal zu unterstützen. »Aber Opfer von Gewalt und Sexualstraftaten haben in Baden-Württemberg keine wirkliche Lobby«, sagte der frühere Richter Klaus Böhm von der von Richtern und Staatsanwälten gegründeten Karlsruher Behandlungsinitiative Opferschutz (BIOS-BW). Die Kammer warnte vor allem vor den Kosten einer mangelnden Versorgung.
Durch Traumaambulanzen sollen lange Wartezeiten verhindert und die Suche nach geeigneten Psychologen und Ärzten vermieden werden. Traumaambulanzen sind meist an Psychiatrien oder Krankenhäuser angeschlossen. In ihnen arbeiten Psychologen und Ärzte. Eine Ausweitung auf andere Träger erachten Experten für notwendig. Laut Landespsychotherapeutenkammer gibt es in Baden-Württemberg sieben Traumaambulanzen, davon zwei für Kinder.
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