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Kretschmann: »Wir müssen uns auf schwere Zeiten einstellen«

Der Krieg in der Ukraine hat Folgen. Direkte für die Menschen in dem schwer umkämpften Land. Aber auf längere Sicht wird er auch in Baden-Württemberg Spuren hinterlassen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann wählt starke Worte, um sie zu beschreiben.

Regierungs-Pressekonferenz
Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Foto: Bernd Weißbrod
Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerpräsident von Baden-Württemberg.
Foto: Bernd Weißbrod

Steigende Preise, Zehntausende von Flüchtlingen auf der Suche nach Heim und Arbeit, eine Wirtschaft unter massivem Druck und unterbrochene Lieferketten für viele Dinge, an die man sich gewöhnt hat: Wegen des Ukraine-Kriegs geht Baden-Württemberg aus Sicht von Ministerpräsident Winfried Kretschmann schweren Zeiten entgegen. »Dieser Krieg verändert alles«, sagte der Regierungschef am Dienstag in Stuttgart. Die Menschen müssten sich mental darauf vorbereiten, dass das Leben in jeder Hinsicht nicht mehr so sein werde wie vorher. »Es kann niemand davon ausgehen, dass das Leben einfach so weitergeht«, sagte Kretschmann.

Bislang seien die Menschen sehr solidarisch unterwegs. Sie begriffen andererseits aber auch, dass es zu gravierenden Einschnitten in ihrem Leben kommen könne, sagte Kretschmann.

Was das genau sein könnte, dazu will sich der Grünen-Politiker am 6. April in einer Regierungserklärung im Landtag äußern. Bis Anfang des kommenden Monats werde deutlicher, welche Entscheidungen die einzelnen Bereiche der Landesregierung zunächst treffen müssten, zeigte er sich überzeugt. Er denke, in etwa 14 Tagen ließen sich die ersten Strukturmaßnahmen voraussichtlich benennen. »Was das für die einzelnen Bereiche der Gesellschaft bedeutet, wie wir uns darauf vorbereiten und was die Bevölkerung erwartet.«

Auch Migrationsministerin Marion Gentges (CDU) rechnet damit, dass Baden-Württemberg auf längere Zeit eine wachsenden Zahl von Flüchtlingen vor allem aus der Ukraine unterbringen muss. »Wir haben uns auf einen Marathon aufgemacht«, sagte sie am Dienstag. »Diese Situation wird uns über Wochen und darüber hinaus fordern.«

Viele Plätze in den Kommunen seien aber durch die hohe Zahl der Flüchtlinge in den vergangenen Jahre bereits belegt. »Und Wohnraum lässt sich nicht unendlich in kurzer Zeit vermehren.« Außerdem flüchteten Menschen nicht ausschließlich aus der Ukraine. »Fluchtursachen sind mit dem Krieg nicht verschwunden, sie dauern an.« Die Zahl der Flüchtlinge aus weiteren Ländern steige ebenfalls deutlich.

Bislang wurden laut Justizministerium 7400 Menschen aus der umkämpften Ukraine in den Erstaufnahmen des Landes empfangen. »Das gibt aber nur ein unvollständiges Bild wieder«, sagte Gentges. Viele Menschen würden auf ihrer Flucht von Bekannten untergebracht. Es stehen nach Angaben der Ministerin rund 12 000 Plätze zur Verfügung. Diese Zahl soll aber erhöht werden: »Wir prüfen auch andere Messestandorte, um unsere Kapazität noch weiter ausbauen zu können«, sagte sie.

Um so wichtiger sei es, gut und genau zu planen. Da hapert es aber aus ihrer Sicht noch seitens der Bundesregierung. Sie habe in einem Schreiben an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) um bessere Kommunikation durch die Koordinierungsstelle des zuständigen Bundesamts für Güterkraftverkehr gebeten. Es dürften nicht nur Buslisten verschickt, sondern es müsse beständig informiert werden. »Ob die Busse tatsächlich abgefahren sind, wie viele Passagiere sich darin befinden, zu welchen Zeiten man sich auf die Ankunft einstellen muss und so weiter«, sagte Gentges.

Nach UN-Angaben sind bereits mehr als 3,5 Millionen Menschen aus der Ukraine ins Ausland geflohen. Das Land hatte vor Beginn des russischen Angriffs am 24. Februar mehr als 44 Millionen Einwohner. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) rechnet nach eigenen Angaben mit »acht bis zehn Millionen Geflüchteten« in den nächsten Wochen. »Viele davon kommen zunächst in Nachbarstaaten unter«, erklärte Gentges. Aber es gebe bereits Hinweise, dass Staaten wie Tschechien ihre Kapazitätsgrenzen erreicht hätten. Auch Italien und Spanien dürften wegen privater Kontakte bevorzugte Ziele sein, sagte Gentges und ergänzte: »Auch wir müssen uns auf größere Zahlen einstellen.«

© dpa-infocom, dpa:220322-99-624885/5