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Kretschmann und Söder wollen Südschiene stärken

In Berlin zofft sich die Ampel, im Süden geben sich Kretschmann und Söder in einem Trauungszimmer das Ja-Wort. Es ist ein kräftiges Bekenntnis zur Südschiene. Auch der Grüne will sich von der Koalition im Bund nicht mehr alles gefallen lassen.

Südgipfel zu Wasserstoff
Winfried Kretschmann (Bündnis90/Die Grünen,l), Ministerpräsident von Baden-Württemberg, und Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern. Foto: Stefan Puchner
Winfried Kretschmann (Bündnis90/Die Grünen,l), Ministerpräsident von Baden-Württemberg, und Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern.
Foto: Stefan Puchner

Baden-Württemberg und Bayern wollen die sogenannte Südschiene stärken und gemeinsam gegen mögliche Benachteiligungen durch die Ampel-Regierung im Bund vorgehen. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte am Montag bei einem Treffen mit seinem Amtskollegen Markus Söder (CSU) in Neu-Ulm, es dürfe im Bund und den anderen Ländern nicht der Eindruck entstehen: »Wir sind reich und uns kann man einfach nur schröpfen. Die Mentalität ist weit verbreitet.« Bei den geplanten Entlastungen wegen der sprunghaft gestiegenen Energiepreise warnten Kretschmann und Söder die Ampel aus SPD, Grünen und FDP vor Entscheidungen auf Kosten der Länder. »Wir werden nur Dingen zustimmen, die nachhaltig durchgerechnet und finanziert sind«, sagte der Grünen-Politiker.

Wasserstoff-Allianz im Süden: »Stellen uns auf die Hinterbeine«

Kretschmann und Söder hoben eine Wasserstoff-Allianz aus der Taufe. Auch hier wollen sie gemeinsam auf ihre Interessen beim Bund pochen. Söder beklagte, dass die Ampel kaum mit den Ländern spreche und deren Interessen zu wenig berücksichtige. So würden bei den Vorplanungen des Bundes für Wasserstoff-Leitungen die Länder im Norden begünstigt. »Das ist eine Sackgassenplanung«, sagte der CSU-Vorsitzende und warnte: »Wenn der süddeutsche Motor nicht läuft, hat Deutschland ein Problem.« Kretschmann ergänzte, es gehe nicht, dass Süddeutschland erst nach 2030 an das europäische Wasserstoff-Netz angebunden werde. »Das ist viel zu spät.« Das werde man nicht akzeptieren. »Deswegen stellen wir uns auf die Hinterbeine.« Kretschmann und Söder hatten in Ulm eine Forschungsfabrik für Wasserstoff und Brennstoffzellen besucht.

Wasserstoff gilt als klimafreundliche Energiealternative für Kohle, Öl und Erdgas in Industrie und Verkehr. Als »grün« gilt Wasserstoff aber nur, wenn Strom aus erneuerbaren Energien zum Einsatz kommt, um Wassermoleküle mittels Elektrolyse in Wasserstoff und Sauerstoff zu spalten. Grüner Wasserstoff ist im Vergleich zu fossilen Energieträgern nicht nur teurer, er kann auch bislang nicht in ausreichenden Mengen produziert werden - und bundesweite Verteilnetze müssen erst noch entstehen. Es gelte aber jetzt die Weichen zu stellen, so die beiden Politiker. »Die Zeit drängt sehr, damit wir nicht aus einer Gasmangel-Lage in einen Wasserstoffmangel geraten«, warnte Kretschmann.

Der CDU-Umweltexperte Raimund Haser forderte beide Regierungen auf, nach konkreten Lösungen zu suchen. »Dazu gehört es, mit Bayern Wege von den Häfen am Mittelmeer nach Bayern und Baden-Württemberg zu suchen, zu planen und die Leitungen zu bauen. Der Ausbau der Pipeline von Triest über Ingolstadt nach Karlsruhe wäre hierfür geradezu prädestiniert.« AfD-Fraktionschef Bernd Gögel nannte den Auftritt von Kretschmann und Söder »Sommerloch-Theater«. »Dass sich Wasserstoff nicht als der große Energie-Heilsbringer entpuppt, haben wir schon oft genug betont.« Er wiederholte seine Forderung nach längeren Laufzeiten der Atomkraftwerke, um das Problem der steigenden Strompreise zu lösen.

CSU-Chef sieht »klassisches Ritual von Parteiengezänk« bei Ampel

Söder forderte die Ampel auf, wegen der Energiekrise sinnvolle Entlastungen zu beschließen und den Streit um die Gasumlage hinter sich zu lassen. Die Lage sei zu ernst, »um ein klassisches Ritual von Parteiengezänk zu zeigen«. Kretschmann sagte dazu: »Der Umgang in der Koalition verwundert mich etwas. Jedenfalls habe ich noch keinen Tag bereut, dass ich keine Ampel gemacht habe.«

Söder erklärte, Handwerksbetriebe, Kleinunternehmen und auch Normalverdiener seien in existenzieller Gefahr. »Wir müssen sehr aufpassen, dass wir die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhalten in unserem Land«, sagte er. »Und dass wir verhindern, dass es Abstiegsszenarien gibt.« Zugleich dürfe die Ampel die finanzielle Machbarkeit nicht aus dem Auge verlieren. Die bisherigen Vorschläge der SPD-Fraktion seien teuer. »Der Bund muss überlegen, ob er damit die Schuldenbremse aussetzt.«

»Ende Gelände«: Kretschmann poltert gegen Bundes-Vorgaben

Kretschmann warnte den Bund, Baden-Württemberg werde im Bundesrat keinem Vorschlag zustimmen, der nicht sauber und nachhaltig durchfinanziert sei. Es sei immer das gleiche Muster: Der Bund tätige Investitionen zum Anschieben eines Projektes und die Länder müssten das dann weiterfinanzieren. Als Beispiel nannte er die Kinderbetreuung. »Ende Gelände. Ich mache das nicht mehr.«

Was kommt nach dem Neun-Euro-Ticket?

In der Debatte um die Nachfolge für das Ende August auslaufende Neun-Euro-Ticket bei Bussen und Bahnen wollen die Länder eingebunden werden. »Es wird kaum gehen, dass der Bund einen Vorschlag macht und die Länder müssen zahlen«, sagte Söder. Die SPD-Fraktion im Bundestag legte am Sonntag einen Forderungskatalog zur Bürger-Entlastung vor, der ein 49-Euro-Monatsticket enthält.

© dpa-infocom, dpa:220829-99-553878/4