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Kretschmann: Entscheidung zu Neckarwestheim im Dezember

Zwei süddeutsche Atommeiler, darunter das Kernkraftwerk Neckarwestheim, sollen als Notreserve vorgehalten werden. Grünenpolitiker Kretschmann hat schon eine erste Vorstellung über den Zeitplan.

Winfried Kretschmann (Grüne)
Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) spricht. Foto: Bernd Weißbrod
Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) spricht.
Foto: Bernd Weißbrod

Über einen möglichen Notreservebetrieb des Atommeilers Neckarwestheim sollte nach den Worten von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann bis Jahresende Klarheit herrschen. »Ich nehme an, dass diese Entscheidung im Dezember getroffen wird«, sagte der Grünenpolitiker am Donnerstag in Hausach (Ortenaukreis) bei einer Sommerreise zu Energiestandorten. Es werde dabei darum gehen, ob der Atommeiler laufen solle oder nicht. Später ergänzte er, dies sei eine alleinige Entscheidung des Bundes. »In atomrechtlichen Fragen haben wir keinerlei Kompetenz«, fügte er mit Blick auf sein Bundesland hinzu.

Neckarwestheim II sollte zum Jahresende eigentlich endgültig vom Netz gehen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte bei der Vorstellung der Ergebnisse eines zweiten Netz-Stresstests am Montag aber angekündigt, dass zwei der drei verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland bis Mitte April als Notreserve dienen sollen - darunter der Meiler im Landkreis Heilbronn.

Energie- und Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) sagte, am Ende des Jahres werde man bereits beurteilen können, wie die Energielage eigentlich sei. Für den Reservebetrieb von Neckarwestheim müssten allerdings noch Fragen geklärt werden, sagte sie. Walker hatte bereits angekündigt, sie wolle mit dem Bund das weitere Vorgehen besprechen und »insbesondere sicherheitstechnische Aspekte klären«. Das Land hat Walker zufolge Aufgaben beim Überprüfen der Technik und der Sicherheit der Anlagen.

Kretschmann, Walker und Justizministerin Marion Gentges (CDU) warben angesichts der Energiekrise für den Ausbau erneuerbarer Energien. »Wir brauchen Windräder ohne Ende«, sagte Kretschmann. »Ich hoffe, dass jetzt der Hochlauf kommt«, sagte er über das Thema Windkraft.

Der Südwesten hinkt seit längerem beim Ausbau der Windkraft hinterher. In den kommenden Jahren sollen bis zu 1000 neue Windkraftanlagen entstehen, mindestens die Hälfte davon im Staatswald. Bedarf ist da - und Eile geboten. Im ersten Halbjahr wurden nach Angaben des Bundesverbands Windenergie und des Fachverbands VDMA Power Systems nur fünf neue Windräder im Südwesten installiert. Ende März drehten sich in Baden-Württemberg rund 760 Räder.

Im Schwarzwald werde das Landschaftsbild beeinträchtigt, deshalb sei er dafür, die Anlagen in Windparks zu konzentrieren, sagte Kretschmann. »Die Alternative ist, es gibt überhaupt keinen Schwarzwald mehr«, sagte Kretschmann mit Blick auf die Folgen des Klimawandels. Walker sagte, es sei nötig, in den kommenden Jahren mehr als 1000 Windräder zu bauen - es seien mindestens doppelt so viele nötig. Kretschmann und Walker besuchten im Schwarzwald den Windpark Hohenlochen bei Oberwolfach und Hausach, der 22.000 Menschen mit Ökostrom versorgen kann.

Mit dem Ausbau des Ökostroms aus Wind und Sonne sollen Klimaziele erreicht und die Abhängigkeit von fossilen Energien wie russischem Gas vermindert werden.

Kretschmann begrüßte im Geothermiekraftwerk Bruchsal das Vorhaben, Lithium in der Oberrheinregion zu gewinnen. »Das wäre wirklich der Knaller.« Lithium gilt als Schlüsselelement in Lithium-Ionen-Batterien, die zum Beispiel in E-Autos eingesetzt werden.

In Bruchsal im Landkreis Karlsruhe treibt heißes Wasser aus der Tiefe den Kraftwerksprozess an. Es wird Strom und Wärme erzeugt. Der Leiter Forschung und Entwicklung des Energieversorgers EnBW, Wolfram Münch, sagte, aus dem geförderten Thermalwasser könne künftig umweltfreundlich Lithium gefiltert werden. Geothermiekraftwerke am Oberrhein seien also in der Lage, eines der wichtigen Batteriemetalle zutage zu fördern.

Allein aus der Geothermieanlage Bruchsal könnte dem Unternehmen zufolge Lithium für etwa 20.000 Autobatterien pro Jahr kommen. Umweltschützer hatten sich im Frühjahr mit Hinweis auf Bodenbohrungen und Rohstoffabbau kritisch zur heimischen Lithiumgewinnung gezeigt. Auf dem Programm von Kretschmann und Walker stand auch der Besuch eines im Bau befindlichen Umspannwerks in Philippsburg (Landkreis Karlsruhe). Die Anlage entsteht auf dem früheren Gelände des Atomkraftwerks und soll künftig dafür sorgen, dass große Mengen Strom aus erneuerbaren Energien aus Norddeutschland nach Baden-Württemberg fließen können.

Forschungsprojekt Unlimited zur Lithiumgewinnung

© dpa-infocom, dpa:220908-99-678672/3