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Korruption am Klinikum Stuttgart: Haftstrafe für Ex-Manager

Krumme Geschäfte mit Auslandspatienten am Klinikum sollen die Stadt Stuttgart Millionen gekostet haben. Dafür muss der frühere Manager nun die Verantwortung tragen und lange ins Gefängnis.

Voraussichtlich Urteil im Prozess gegen Ex-Politiker Braun
Wegen des Stuttgarter Klinik-Skandals ist der frühere Leiter der Auslandsabteilung, Andreas Braun, zu vier Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt worden. Foto: Christoph Schmidt/DPA
Wegen des Stuttgarter Klinik-Skandals ist der frühere Leiter der Auslandsabteilung, Andreas Braun, zu vier Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt worden.
Foto: Christoph Schmidt/DPA

Im Korruptionsskandal am Klinikum Stuttgart ist der frühere Leiter der Auslandsabteilung (International Unit), Andreas Braun, vom Landgericht zu vier Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt worden. Die Wirtschaftsstrafkammer sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte unter anderem bei der Behandlung und Betreuung von 371 libyschen Kriegsversehrten von 2013 bis 2015 deren Kostenträger getäuscht hatte, um dem Klinikum höhere Einnahmen und diversen Dienstleistern Geldleistungen in sechsstelliger Höhe zu verschaffen. Außerdem habe Braun 65.000 Euro an Schmiergeld kassiert. Der frühere Manager sei unter anderem der Untreue, Bestechlichkeit und des versuchten Betrugs schuldig.

Gericht geht über Strafantrag der Anklage hinaus

Braun sollte mit der Akquise ausländischer Privatpatienten helfen, das Defizit des Stuttgarter Klinikums zur damaligen Zeit zu senken. Viele Kliniken hatten in der Vergangenheit auf Zusatzeinnahmen aus dem Medizintourismus gesetzt. »Die Auslandsabteilung war sehr unorganisiert«, sagte der Richter. Es sei dilettantisch und chaotisch gearbeitet worden. »Sie führte innerhalb der Klinik ein Eigenleben ohne Aufsicht und Kontrolle.« Der frühere Manager konnte sein Vorgehen verschleiern und habe gezielt Menschen manipuliert. Zudem fehlte bei den Mitarbeitern der Abteilung teilweise die notwendige Kompetenz und Erfahrung. 

Braun war bereits mehrere Monate in Untersuchungshaft und hatte durch seine Aussagen im Ermittlungsverfahren an der Aufklärung der Vorwürfe mitgewirkt. Sein Anwalt Frank Theumer kündigte nach der Urteilsverkündung Rechtsmittel an. Er kritisierte die Höhe des Strafmaßes. Es sei völlig klar, dass sich Aufklärungsarbeit nicht mehr lohne. Die Verteidigung hatte eine Bewährungsstrafe verlangt. Die Strafkammer ging mit dem Urteil deutlich über den Antrag der Staatsanwaltschaft hinaus. Sie hatte eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten beantragt. 

Schmiergeldzahlung für nicht gebautes Krankenhaus in Kuwait

Braun war früher Landeschef der baden-württembergischen Grünen. Von der Partei hatte er sich in der Vergangenheit distanziert. Er hatte für den Managerposten keine Vorkenntnisse im Gesundheitswesen. Zwei Vermittler von arabischen Patienten waren im Zuge des Korruptionsskandals bereits zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. 

Auch im Zusammenhang mit Plänen zur Entsendung von Ärzten aus Stuttgart für ein Krankenhaus in Kuwait kam es nach Angaben des Gerichts zu Schmiergeldzahlungen. Der Richter sagte, beide Projekte hätten bei dem Eigenbetrieb der Stadt Stuttgart so nie durchgeführt werden dürfen. Braun sei der Haupttäter. 

Im Zuge des Skandals wird es noch zu weiteren Prozessen kommen. Anklagen gegen den früheren Klinik-Geschäftsführer, die einstigen Ärztlichen Direktoren und den früheren Krankenhausbürgermeister von Stuttgart sind bereits zugelassen. Alle schöben die Schuld auf Braun, sagte dessen Verteidiger Theumer. Er hätte besonders kontrolliert werden müssen.

© dpa-infocom, dpa:240815-930-204015/3