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Klima-Register: Regierung verteidigt sich gegen Kritik

Es ist ein Werkzeugkasten im Kampf für den Klimaschutz, füllen sollen das »Klimamaßnahmenregister« nun die Ministerien. Aber die Kritik ist laut. Zu wenig konkret sei das Register, es reiche nicht aus. Selbst die Sachverständigen des Landes sind alles andere als begeistert.

Klimaschutz
Mitarbeiter montieren Photovoltaikmodule auf dem Dach eines Wohnhauses. Foto: Marijan Murat
Mitarbeiter montieren Photovoltaikmodule auf dem Dach eines Wohnhauses.
Foto: Marijan Murat

Im ambitionierten Kampf für die Klimaziele im Land beweist sich das neue sogenannte Klimamaßnahmenregister noch als Sammelsurium mit zahlreichen Konjunktiven. Denn für viele der aufgelisteten bislang insgesamt 254 Vorhaben ist das Land von der europäischen Gesetzgebung abhängig, andere Entscheidungen müssen vor allem von den Kommunen entschieden werden, wie Landesumweltministerin Thekla Walker am Dienstag in Stuttgart sagte. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (beide Grüne) räumte ein, ohne Bund und Europäische Union seien die Klimaziele nicht zu erreichen.

Nach scharfer Kritik an den bislang aufgelisteten Maßnahmen der Ministerien betonte Walker zudem erneut, das Register sei ein »dynamisches Konzept«. Es werde fortwährend gesichtet, umgesetzt und auch ergänzt. »Klar ist, wir werden in den kommenden Jahren noch umfassendere und wirksamere Maßnahmen brauchen«, verteidigte sich die Grünen-Politikerin. Das Register sei kein Zielkonzept, es sei ein lernendes System, betonte sie.

In dem Register, das am Dienstag vom Kabinett beschlossen wurde, hält die Landesregierung zentrale Maßnahmen fest, die sie selbst ergreift, sammelt und laufend aktualisiert. Wie in einer Art öffentlich einsehbarem Werkzeugkasten soll vor allem festgehalten werden, mit welchen Anschaffungen, Umbauten oder Reformen Kohlendioxid (CO2) eingespart werden soll. Das Land hat sich zum Ziel gesetzt, seinen Treibhausgasausstoß bis 2030 um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren und bis 2040 klimaneutral zu werden – fünf Jahre früher, als es der Bund für Deutschland beschlossen hat. Es dürfen dann nur noch so viele Treibhausgase ausgestoßen werden, wie wieder gebunden werden können.

Die Maßnahmen haben die jeweiligen Ministerien entwickelt. Der Fortschritt der Maßnahmen soll jedes Jahr durch den vom Land eingesetzten Klimasachverständigenrat überprüft werden. Sanktionsmöglichkeiten sind aber nicht vorgesehen. Neben der bereits bekannten Solarpflicht auf Neubauten und dem schon beschlossenen Investment in grüne Finanzanlagen gehört auch das Jugendticket zu den Maßnahmen, ebenso der Ausbau der Videotechnik bei Gerichtsprozessen und die Aufstellung eines Landesentwicklungsplans. Andere Vorhaben sind konkreter, darunter der Bau von 20 Radschnellwegen bis 2030, Vorhaben zur Kompostierung oder auch zum Biomüll und Recycling.

Auf das Register hatte sich die grün-schwarze Koalition nach langem Ringen geeinigt. Mit seiner bereits beschlossenen Novelle zum Klimaschutzgesetz ist Baden-Württemberg das erste Bundesland, das konkrete Ziele für die Reduzierung von CO2 für Verkehr, Gebäude und Wirtschaft gesetzlich verankert.

Vor allem Umweltschützer und die Opposition halten dennoch weiter an ihrer Kritik fest. Selbst aus Sicht des Sachverständigenrats ist das Register noch zu unzureichend und unkonkret. »Der erhoffte Doppelwumms für's Klima ist es nicht«, sagte die Vorsitzende Maike Schmidt. Für den Rat forderte sie Nachbesserungen, viele Maßnahmen seien bekannt und liefen schon. Es gebe noch erhebliche strukturelle und inhaltliche Lücken, außerdem seien viele Fragen zur Finanzierung und zum Zeitplan ungeklärt. »Wir vermissen zudem die klare Priorisierung des Klimaschutzes im Handeln ebenso wie in der Kommunikation der Landesregierung«, watschte Schmidt die Koalition ab.

»Energiesparen, Energieeffizienz und nachhaltigen Konsum gilt es fest und dauerhaft in der Gesellschaft zu verankern«, schreibt Schmidt ins Hausaufgabenheft. Maßnahmen, die den Klimaschutz in allen Ebenen der Gesellschaft selbstverständlich machten, seien bislang im KMR - wenn überhaupt - nur vereinzelt und kleinteilig adressiert, sagte die Leiterin des Fachgebiets Systemanalyse am Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZWS).

Den Rat gibt es als Gremium aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern seit einem guten Jahr. Er soll die Landesregierung etwa beim geplanten Ausbau der Windkraft und im Kampf gegen den Klimawandel beraten sowie beim Monitoring der Maßnahmen mitwirken. Die Empfehlungen des Gremiums sind allerdings nicht bindend. »Wir können als Sachverständigenrat nur die Probleme benennen, ein scharfes Schwert haben wir nicht«, sagte Schmidt auch dem SWR.

Über das Klimamaßnahmenregister

Klimamaßnahmenregister online

© dpa-infocom, dpa:230213-99-582062/6