MÖCKMÜHL. Den Schrecken glaubt man Winfried Kretschmann noch ein wenig anzusehen, als er am Tag danach über den Unfall spricht. Im prasselnden Regen gerät sein Dienstwagen am Montagabend auf der A81 nördlich von Heilbronn ins Schleudern. Kretschmanns Fahrer verliert kurz die Kontrolle, der Wagen prallt gegen die Mittelleitplanke und bleibt auf dem Standstreifen stehen. Ein Begleitfahrzeug und ein Polizeiwagen bremsen am Rand und parken, kurz bevor ein weiterer Wagen wohl ebenfalls Probleme mit Aquaplaning bekommt und gegen das zweite Auto aus der Kretschmann-Kolonne kracht.
Dabei werden ein 33 Jahre alter Mann am Steuer und ein einjähriges Mädchen im Kindersitz auf der Rückbank schwer verletzt, eine 29-Jährige auf dem Beifahrersitz erleidet leichte Verletzungen. Kretschmann bleibt unversehrt, sein Dienstwagen ist am Folgeunfall nicht beteiligt.
»Meine ganze Sorge gilt den beiden Schwerverletzten«, sagt der Grünen-Politiker nach einem Termin am Dienstag in Tuttlingen. »Meine Gedanken sind natürlich bei ihnen.« Es ist der einzige Punkt auf dem Tagesprogramm seiner Sommertour, den er wahrnehmen will. Der Rest des Programms an diesem Tag wird abgesagt. Später soll entschieden werden, ob die bis zum Freitag geplante Tour durch das Land mit Besuchen und Gesprächsrunden fortgesetzt werden soll.
Nach Angaben der Polizei hat sehr wahrscheinlich Aquaplaning beide Unfälle auf der Autobahn bei Möckmühl verursacht. Schon niedrige Geschwindigkeiten reichten in solchen Fälle aus, um ins Schleudern zu geraten, sagte ein Polizeisprecher. Bei besonders schweren Unfällen und einem unklaren Hergang könne die Staatsanwaltschaft einen Gutachter beauftragen. Nach dem Unfall vom Montagabend sei das zum jetzigen Zeitpunkt nicht geplant.
Kretschmann saß nach Angaben eines Regierungssprechers nicht am Steuer des Wagens, als dieser gegen die Leitplanke prallte. Zum Zeitpunkt des zweiten Unfalls habe er sich auf dem Standstreifen etwas weiter vorne aufgehalten.
Der Grünen-Politiker sei mit einem Ersatzfahrzeug nach Stuttgart gebracht worden. Er hatte den Tag über mehrere Termine zum Auftakt seiner Sommertour in der Region Heilbronn.
»Die Sache hat ihn psychisch mitgenommen, und wir wissen auch noch gar nicht, wie es den beiden Schwerverletzten geht«, sagte Regierungssprecher Rudi Hoogvliet der »Stuttgart Zeitung«. »Wir hoffen sehr, dass sie wieder vollständig genesen.«
Selten sind Dienstwagen von Politikern in Unfälle verwickelt, es kommt aber immer mal wieder vor. So musste die damalige saarländische Ministerpräsidentin und heutige Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) im Januar 2018 von der Rückbank aus miterleben, wie ihre Limousine in den frühen Morgenstunden kurz vor dem Autobahndreieck Potsdam auf einen Lastwagen auffuhr. Die CDU-Bundesvorsitzende wurde dabei leicht verletzt. Auch Brandenburgs damaliger Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatte vergleichweise Glück: Er überstand einen Autounfall mit seinem Dienstwagen in Potsdam im Mai 2017 unverletzt. Sein Fahrer soll einen Schwächeanfall gehabt haben. (dpa)