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Kassensturz vor Klimaschutz?

Etwa eineinhalb Milliarden Euro würde ein Tarifabschluss wie der im öffentlichen Dienst das Land pro Jahr kosten. Der Ministerpräsident warnt deswegen jetzt schon vor unpopulären Entscheidungen. Auch »gute und wichtige Dinge« müssten bezahlbar sein.

Winfried Kretschmann
Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Foto: Marijan Murat
Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerpräsident von Baden-Württemberg.
Foto: Marijan Murat

Nach dem Tarifabschluss im öffentlichen Dienst rechnet Ministerpräsident Winfried Kretschmann auch mit großen Belastungen für die Landesfinanzen. »Das wird uns alle haushaltspolitisch unter gewaltigen Stress setzen«, sagte der Grünen-Politiker am Dienstag in Stuttgart. Er gehe von weiteren Forderungen der Kommunen aus, die jetzt schon stöhnten. »Die Kommunen werden sicher bei uns noch mal die Hand aufhalten.«

Zudem werde das Land bei den Tarifverhandlungen für die eigenen Beschäftigten, die im Herbst anstehen, unter Druck geraten. »Ich vermute mal, dass es schwierige Verhandlungen geben wird. Natürlich sind da jetzt Duftmarken gesetzt durch diese Tarifabschlüsse.«

Eine Übernahme der Tarifeinigung für Bedienstete von Bund und Kommunen für die Landesbediensteten würde Baden-Württemberg nach einer Schätzung rund drei Milliarden Euro kosten. Das hatte die Ulmer »Südwest Presse« (Dienstag) unter Berufung auf das Finanzministerium berichtet. Die Summe beziehe sich auf eine Laufzeit von 24 Monaten. »Das liegt weit über dem, was wir schon in Voraussicht vorgesehen haben«, sagte Kretschmann. Um die befürchteten Mehrkosten auch finanzieren zu können, hält er einen Nachtrag zum Doppelhaushalt 2023/2024 für denkbar. Auf die Frage, ob es einen solchen Nachtrag geben werde, sagte er: »Eher ja wie eher nein.«

Die knappe Kassenlage kann auch Auswirkungen auf wichtige Projekte der grün-schwarzen Landesregierung haben, etwa den Klimaschutz. »Was uns mit den Tarifverhandlungen bevorsteht, schränkt unsere Handlungsspielräume auf anderen Gebieten logischerweise ein«, sagte Kretschmann. »Auch gute und wichtige Dinge, die im Koalitionsvertrag stehen, müssen finanzierbar sein«. Das sei das »fiskalische Einmaleins«. Es gehöre zu den »Trivialitäten der Politik«, dass man für seine Vorhaben auch Geld brauche.

Niemand stelle die Dringlichkeit des Klimaschutzes in Frage, es sei aber klar, dass die Anpassungen an den Klimawandel »gigantische Summen« verschlingen würden, erklärte der Ministerpräsident. Dafür habe man nur das Geld der Steuerzahler. »Eine andere Möglichkeit gibt es nicht«, sagte Kretschmann. »Dann muss man halt den Koalitionsvertrag durchkämmen und schauen, was einem noch wichtiger ist als das Wichtige.«

Das betrifft auch die Abschaffung der Studiengebühren für internationale Studierende. Diese hatten die Fraktionen von CDU und Grünen in der vergangenen Woche gefordert und mit dem Fachkräftemangel begründet. Er könne die Argumentation nachvollziehen, sagte Kretschmann. Die Situation habe sich seit der Einführung der Studiengebühren verändert. »Aber auch das, was ich nachvollziehen kann, muss finanziert werden«, erklärte der Ministerpräsident.

© dpa-infocom, dpa:230425-99-443255/3