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König von Volk aus Kamerun hofft auf Rückgaben aus Museum

Baden-Württemberg besitzt viele kunstvolle Gegenstände, die während der Kolonialzeit aus ihren Herkunftsländern geraubt worden sind. Auch religiöse Objekte sind dabei. Offen für Gespräche über Rückgaben zeigt sich das Land auch beim Besuch eines Königs aus Kamerun.

Besuch des Königs Fon der Nso im Lindenmuseum
Der Königs Fon Sehm Mbinglo I der Nso aus dem Nordwesten Kameruns besichtigt die Ausstellung im Lindenmuseum. Foto: Bernd Weißbrod
Der Königs Fon Sehm Mbinglo I der Nso aus dem Nordwesten Kameruns besichtigt die Ausstellung im Lindenmuseum.
Foto: Bernd Weißbrod

Nach der Einigung über die Rückgabe einer verehrten Figur aus Kamerun durch die Stiftung Preußischer Kulturbesitz macht sich der König des Volkes der Nso Hoffnungen, sämtliche vorhandenen Objekte aus seinem Königreich zurückzuerhalten. Es handele sich nicht um museale Kunstwerke, die es zu präsentieren gelte, sagte König (Fon) Sehm Mbinglo I am Donnerstag bei einem Besuch im Stuttgarter Linden-Museum. Sie seien vielmehr spirituell und traditionell bedeutend für das Wohlergehen seines Volkes. »Sie erfüllen nur gemeinsam einen Sinn«, sagte der König. »Das eine mitzunehmen und andere zurückzulassen ist keine Alternative.«

Fon Sehm Mbinglo I hatte zuvor für sein Volk die Rückgabe königlicher Objekte eingefordert. »Das Rückgabeersuchen wird nach derzeitigem Wissensstand vorwiegend die königlichen und kultischen Objekte von Kumbo in der Nordwestprovinz Kameruns umfassen«, teilte das Wissenschaftsministerium dazu mit. »Derzeit ist noch nicht bekannt, um wie viele Objekte es sich handelt.« Auch Zusagen zu einer Rückgabe seien noch nicht gemacht worden, sagte eine Sprecherin. Es müssten erst Fragen der Objekt- und der Erwerbsgeschichte möglichst umfassend geklärt werden. Es habe inzwischen auch Rückgabebegehren von anderen kamerunischen Gruppen gegeben, sagte die Sprecherin weiter.

Die Haltung Baden-Württembergs sei klar, sagte Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (Grüne). »Rückforderungen von Kulturgütern, die im kolonialen Kontext in heute nicht mehr vertretbarer unethischer Weise erworben wurden, stehen wir grundsätzlich offen gegenüber«, betonte sie. Den Besuch des Fon und seiner Delegation sieht sie als möglichen Auftakt für »einen intensiven Austausch mit den Antragstellenden«, sagte Olschowski der dpa.

Mit dem Besuch und den Gesprächen zeigte sich der Fon sehr zufrieden. »Eine Rückgabe der Gegenstände wäre ein Wendepunkt in der Geschichte meines Volkes«, sagte er der dpa. »Aber es geht um alle Objekte«, betonte er erneut. »Hält man einige für wichtiger als andere, dann wäre das, als würde man eines seiner Kinder für bedeutender als die anderen halten.«

Das Linden-Museum hat nach früheren Angaben des Ministeriums insgesamt rund 45 Objekte aus der Region in seinem Bestand, darunter Ketten sowie Hauben und einen Thronhocker. Im vergangenen Juni hat die Stiftung Preußischer Kulturbesitz bereits beschlossen, die als Muttergottheit verehrte Statue Ngonnso zurückzugeben. Die Figur stammt aus dem historischen Königreich Nso und kam 1903 als Teil der Schenkung des Kolonialoffiziers Kurt von Pavel in die Sammlung des Ethnologischen Museums der Staatlichen Museen nach Berlin.

Als Kolonie war Kamerun von 1884 bis 1916 ein Teil des Deutschen Reiches. Die zunächst freundlichen Kontakte zwischen den Nso und den deutschen Expeditionstruppen wurden allerdings zunehmend feindlich. Letztlich wurden sämtliche Aufstände und Widerstände der Nso von den Europäern niedergeschlagen, die Bevölkerung musste ein neues System der Besteuerung, Verwaltung und Arbeit erdulden.

© dpa-infocom, dpa:221117-99-557027/5