Zoodirektoren appellieren an Träger von Tiergärten in Deutschland, Mittel für eine moderne Elefantenhaltung bereitzustellen. »Wir möchten die Haltung der Tiere möglichst an den natürlichen Entwicklungsphasen ausrichten und benötigen dafür viel mehr Geld als bisher«, sagte Thomas Kölpin, Leiter der Stuttgarter Wilhelma, anlässlich eines Treffens von Elefantenexperten am Dienstag in Heidelberg. Man brauche mehr Platz für die Tiere. »Das ist nun mal keine Mäusezucht.« Gute Bedingungen seien wichtig, dienten doch die europäischen Zooelefanten als Reservepopulation für ihre hoch bedrohten Artgenossen, sagte der Leiter der Elephant Taxon Advisory Group im europäischen Zooverband. Aus Sicht der Artenschutzorganisation Pro Wildlife ist die Haltung von Elefanten in Zoos aber ein Auslaufmodell.
Eine artgerechte Haltung sei wegen Platzproblemen in den meist innerstädtischen Zoos in Deutschland gar nicht möglich, sagte Daniela Freyer, Mitbegründerin des Artenschutzverbandes. Hinzu kämen klimatische Bedingungen, die die eigentlich an Touren von täglich 100 Kilometer gewöhnten Rüsseltiere im Winter in ihre Häuser verbannen. Mangelnde Bewegung und Beschäftigung führten zu stereotypen Verhaltensweisen wie Wiegen von einem Bein auf da andere.
In Afrika leben nach Angaben der Biologin noch 60.000 vom Aussterben bedrohte Waldelefanten und 355.000 stark gefährdete Savannenelefanten. In Asien gibt es noch 35 .00 wilde Elefanten - auch sie sind vom Aussterben bedroht. Jährlich würden in Afrika 20.000 Elefanten wegen Elfenbeins für den Schwarzmarkt getötet. In Asien ist der Grund für schrumpfende Bestände der Konflikt zwischen Farmern und Elefanten. Wenn die Tiere ihre Felder plündern, greifen die Betroffenen zum Gewehr oder Giftköder. Auch aus religiösen oder touristischen Gründen leben Elefanten in Gefangenschaft. »In Asien werden mehr Elefanten von Menschen gehalten als in freier Wildbahn leben«, weiß Kölpin.
Die bis zu fünf Tonnen schweren Tiere brauchen viel Platz, wenn man ihnen ihre natürlichen Lebensstufen auch im Zoo ermöglicht: Nach der Aufzucht bei der Mutter wechseln die Jungbullen mit fünf bis sieben Jahren aus der Geburtsgruppe in eine »Wohngemeinschaft«. Sie lernen mit zwei bis fünf anderen Bachelors spielerisch, sich durchzusetzen, aber auch sich zurückzunehmen, wenn sie unterlegen sind, wie der Leiter des Heidelberger Zoos Klaus Wünnemann erläutert. Mit 13 bis 17 Jahren seien sie dann soweit, in einer Herde ihren Job als Zuchtbulle zu übernehmen. »Werden sie zuvor isoliert, ecken sie beim Übergang in die Herde an - und Rowdys mögen die Damen nicht.«
Die Zucht im Zoo gelinge bei den asiatischen Elefanten so gut, dass die Tiergärten an ihre räumlichen Grenzen stoßen, erzählt Kölpin. Bei den afrikanischen Elefanten sei es mit der Fortpflanzung im Zoo nicht so einfach. Biologin Freyer sieht die Zucht im Zoo kritisch. Elefanten vermehrten sich in freier Natur sehr gut. Es gehe darum, die Ursachen für ihre Bedrohung abzustellen. Im Zoo gebe es viele Fälle von Vernachlässigung, sogar Tötung von Elefantenbabys durch ihre Mütter.
Eine Auswilderung von Tieren ist nach Ansicht der Zoodirektoren so gut wie ausgeschlossen, weil dafür Gebiete ohne Mensch-Tier-Konflikte identifiziert werden müssten. »Und die gibt es auf dieser Welt nicht mehr«, sind sich Wünnemann und Kölpin einig.
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