Der elsässische Schriftsteller Pierre Kretz (74) erhält den erstmals mit 20.000 Euro dotierten Johann-Peter-Hebel-Preis. Die Auszeichnung wird alle zwei Jahre am 10. Mai im Rahmen des Hebelfests in Hausen im Wiesental (Kreis Lörrach) vergeben. Die Preisträgerinnen und -träger sollen aus Sicht der Jury und des Landes in der Tradition des alemannischen Dichters der Aufklärung stehen und für Tradition, regionale Sprache und Heimatverbundenheit bekannt sein.
Prämiert werde ein Autor, der mit seiner Verbundenheit zum alemannischen Sprachraum die Zweisprachigkeit der Region des Elsass in literarisch herausragender Art und Weise sichtbar mache, sagte Kunststaatssekretär Arne Braun (Grüne). Kretz wähle für seine literarische Arbeit neben der französischen Sprache den elsässischen Dialekt, der durch den Generationenwechsel im Verschwinden begriffen sei.
Die Jury hebt zudem in ihrer Begründung den Sinn des Autors für die Spannungen zwischen dem Elsässischen, Französischen und Standarddeutschen im oberrheinischen Raum hervor. Mit seiner Liebe zum Elsässischen plädiere Kretz dafür, dass die historischen und sprachlichen Besonderheiten seiner Region auch in einem modernen Staat Platz finden sollten.
Kretz, in Séléstat (Schlettstadt) geboren und in einem elsässischen Weinbauerndorf aufgewachsen, lebt in Sainte-Marie-aux-mines (Markirch) in den Vogesen. Er hat lange in Straßburg als Anwalt gearbeitet, diesen Beruf aber mit seinem 50. Geburtstag aufgegeben - um sich voll dem Schreiben widmen zu können. Zu seinen Werken zählen mehrere Theaterstücke und die Romane »Quand j’étais petit, j’étais catholique« (Ich, der kleine Katholik/2005) und »Le gardien des âmes« (Der Seelenhüter/2009).
Kretz' elsässisch-französische Mundart-Texte sind als Theaterstücke in der Schweiz, in Frankreich und Baden adaptiert worden. In Frankreich, im Schweizerischen Rundfunk und im SWR wurden sie nach Angaben des Kunstministeriums auf elsässisch, alemannisch und schweizerdeutsch gesendet. Von einer Idealisierung oder Verharmlosung des Lebens im Dorf seien die trotz ihres Witzreichtums recht bitteren Stücke weit entfernt, erklärte die Jury weiter.
Mit dem Hebel-Preis werden Autoren ausgezeichnet, die in der Tradition des alemannischen Dichters Johann Peter Hebel (1760-1826) stehen. Die Jury setzt sich aus Experten aus dem alemannischen Sprachraum Österreichs, der Schweiz, Frankreichs und Baden-Württembergs zusammen. Zu den bisherigen Preisträgerinnen und -trägern gehören unter anderem Monika Helfer, Sibylle Berg und Christoph Meckel, Michael Köhlmeier, Martin Heidegger, Marie Luise Kaschnitz und Elias Canetti sowie Arno Geiger, Arnold Stadler und Karl-Heinz Ott.
© dpa-infocom, dpa:240315-99-346069/2