Auf dem Weg zu einem deutschen Pass müssen Ausländer den Einbürgerungs- und auch den Sprachtest bestehen. Zwei Hürden, die eine höher als die andere, denn für den schwierigeren Sprachtest muss mächtig gebüffelt werden. Das kann dazu verleiten, eine Abkürzung zu nehmen - und zu betrügen. Das Landgericht in Stuttgart wird sich in den kommenden Wochen mit zahlreichen solcher Verdachtsfälle auseinandersetzen. Denn zwei Brüder sollen nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft für Hunderte von Menschen Dokumente wie Sprachzertifikate und Bescheinigungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge gefälscht und verkauft haben.
In dem Prozess sitzen von Montag (9.00) an zwei Männer im Alter von 37 und 31 Jahren. Sie sollen die Dokumente in 561 Fällen entweder in einem Lokal in Backnang oder über eine Sprachschule in Ellwangen übergeben oder per Post versandt haben. Die Fälschungen seien bei 221 dieser Taten von den Kundinnen und Kunden auch bei Ämtern eingereicht worden, um sich einen Aufenthaltstitel zu verschaffen oder eingebürgert zu werden.
Den Brüdern wird daher neben Urkundenfälschung auch vorgeworfen, Ausländer gewerbs- und bandenmäßig eingeschleust zu haben. Nach Schätzungen der Staatsanwaltschaft haben die Brüder dadurch rund 880 000 Euro eingenommen. Mutmaßliche Komplizen würden getrennt von diesem Verfahren verfolgt, hieß es.
Fälle wie dieser kommen vor, sind aber selten. Bekannt sind unter anderem Versuche, Betrüger mit guten Deutschkenntnissen zu den für die Einbürgerung erforderlichen Sprachtests zu schicken. Wiederholt gerieten auch Sprachschulen in die Schlagzeilen, weil sie Einwanderern beim Schummeln in Sprachtests für wichtige Zertifikate geholfen oder über Täuschungen hinweggesehen haben sollen.
Seit 2008 muss jeder Zuwanderer einen Sprachtest ablegen, wenn er den deutschen Pass haben möchte. So soll er ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache nachweisen. Erwartet wird unter anderem, dass Ausländer, die eine Einbürgerung beantragt haben, die deutsche Sprache gut genug beherrschen, um sich im Alltag mit Mitmenschen, bei der Arbeit und mit den Behörden in Deutschland ausreichend verständigen zu können.
In Baden-Württemberg sind nach Angaben des Statistischen Landesamtes im vergangenen Amtes 22 745 Ausländerinnen und Ausländer eingebürgert worden. Das waren zum Jahresende 8,5 Prozent mehr als im Jahr zuvor und so viele wie seit dem Jahr 2002 nicht mehr. Mit Abstand am häufigsten erhielten Menschen aus Syrien den deutschen Pass, auch Einbürgerungen von irakischen und afghanischen Staatsangehörigen waren häufiger als in den Vorjahren. Grund dafür sind die hohen Zuwanderungszahlen aus diesen Ländern in den vergangenen Jahren.
© dpa-infocom, dpa:240609-99-331308/4