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Hochwasser legte Wasserkraftwerke lahm

Es klingt fast paradox: Wenn extrem viel Wasser in Flüssen ist, müssen Wasserkraftwerke mitunter den Betrieb einstellen. Die EnBW hat bilanziert, welche Folgen das Hochwasser Anfang Juni hatte.

Wasserkraftwerk Deizisau am Neckar
Das Hochwasser Anfang Juni hat am Wasserkraftwerk in Deizisau am Neckar jede Menge Treibgut angespült. Foto: EnBW/DPA
Das Hochwasser Anfang Juni hat am Wasserkraftwerk in Deizisau am Neckar jede Menge Treibgut angespült.
Foto: EnBW/DPA

Das Hochwasser am ersten Juni-Wochenende hat Auswirkungen auf den Betrieb der Wasserkraftwerke der EnBW gehabt. Am Neckar waren 23 von 29 Anlagen außer Betrieb, wie eine Sprecherin mitteilte. Von den 24 Kleinwasserkraftanlagen der EnBW an den Flüssen Donau, Jagst, Glatt, Murg, Kocher, Nagold, Enz und Untere Argen hätten nur noch 14 Anlagen Strom geliefert. An der Iller habe ein Kraftwerk den Betrieb einstellen müssen. Die Produktion habe vor allem an den vom Hochwasser wenig betroffenen Flüssen im Schwarzwald stattgefunden. Auch die Maschinen am Rheinkraftwerk Iffezheim liefen.

Die Gründe liegen vor allem in der Physik: »Leider lässt sich Albert Einsteins Prinzip «mehr Masse, mehr Energie» nicht auf starkes Hochwasser und die Stromproduktion aus Laufwasserkraftwerken übertragen«, erläuterte die Sprecherin. Durch das viele Wasser im Fluss steige der Wasserstand in der Staustufe nach dem Kraftwerk. »Das bedeutet, dass wir keinen Fallhöhenunterschied an der Staustufe haben.« Doch nur mit einem solchen Höhenunterschied, den das Wasser überwindet, können Turbinen Strom produzieren.

Zudem schwemme Hochwasser sehr viel Treibgut an, was den Rechen vor den Kraftwerken stark zusetze. »Das kann Ausmaße annehmen, dass wir pro Standort Hunderte Kubikmeter Treibgut ausbaggern und dann entsorgen müssen«, erklärte die Sprecherin. Auch in diesen Zeiträumen seien die Kraftwerke dann nur gedrosselt in Betrieb.

Deutlicher Anstieg bei Abflüssen

Die Wucht des Hochwassers Anfang des Monats verdeutlichen Zahlen zum sogenannten Abfluss, also der Menge an Wasser, das in einer Sekunde eine Messstelle passiert: Am Kocher (Pegel Kocherstetten) stieg diese innerhalb von gut einem Tag den Angaben nach in etwa um das 24-Fache an - von rund 20 Kubikmetern pro Sekunde auf 480. Man könne also ungefähr von einem 50-jährlichen Hochwasser sprechen. Am Neckar-Pegel Plochingen verzehnfachte sich die Durchlaufgeschwindigkeit den Daten zufolge innerhalb von 24 Stunden von 80 Kubikmetern/Sekunde auf 850. Anderthalb Tage nach der ersten Welle sei der Maximalwert von rund 973 Kubikmetern pro Sekunde erreicht worden. Zur Einordnung: Üblich seien derzeit etwa 50. Auch hier ist von einem 50-jährlichen Hochwasser die Rede.

Trotz vorbeugender Maßnahmen wie dem Einholen von Schwimmbalken, zusätzlichen Pumpen und dem Setzen von Hochwassertüren erforderte die Intensität des Hochwassers zusätzliches Personal. »Mitarbeiter kamen aus ihrer Freizeit zum Dienst und waren unterstützend im Störungseinsatz tätig, so dass wir mit doppelter Besetzung agieren konnten«, schilderte die EnBW-Sprecherin. »Es mussten etliche Kubikmeter Wasser aus den Gebäuden und erhebliche Mengen an Treibgut entfernt werden.«

Neben kleineren Schäden wie verbogene Geländer müssten auch drei Maschinen, deren unteres Turbinenführungslager geflutet war, gereinigt werden. Zudem würden nach einem Hochwasser alle Anlagenteile wie Dämme und Maschinenkomponenten überprüft.

EnBW über Wasserkraftwerke

© dpa-infocom, dpa:240609-99-327052/2