STUTTGART. Nach langem Streit um neue Züge, unpünktliche Angebote und schlechten Service ist der Regionalverkehr nach Einschätzung von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) wieder in die Spur gekommen. Die Qualität habe sich stark verbessert, bei den Betreibern fielen deutlich weniger Züge aus. Zudem seien nur noch wenige Verbindungen stärker verspätet, sagte Hermann aus Anlass einer Bilanz ein Jahr nach dem Höhepunkt der Kritik an Betreibern und Land.
Vor dem Wechsel der Betreiber seien die ältesten und störanfälligsten Fahrzeuge eingesetzt worden, sagte der Grünen-Politiker. Mit dem Start von Go-Ahead und Abellio seien die Pünktlichkeitswerte dann zwar eingebrochen. Sie hätten inzwischen aber das frühere Niveau zum Großteil wieder erreicht und übertroffen, obwohl das Angebot ausgebaut worden sei. Die meisten Übergangskonzepte und Startschwierigkeiten seien überwunden. Details will Hermann am Montag (11.00 Uhr) bekanntgeben.
Bis 2016 hatte die DB Regio rund zwei Drittel des regionalen Bahnverkehrs im Land betrieben. Dann lief der sogenannte Große Verkehrsvertrag des Landes mit dem Konzern aus und die Strecken wurden neu ausgeschrieben. Die DB Regio AG schied in den Stuttgarter Netzen wegen eines Formfehlers aus dem Bewerbungsverfahren aus. Nach einer Übergangsphase übernahmen von 2019 an schrittweise private Anbieter die Stuttgarter Netze von ihr.
Abellio fährt nun auf den Strecken zwischen Stuttgart und Mannheim, Osterburken, Bruchsal, Pforzheim und bald auch Tübingen. Der Betreiber Go-Ahead übernahm den Verkehr auf den Strecken zwischen der Landeshauptstadt und Crailsheim sowie Ulm, Karlsruhe, Aalen und Würzburg. Auf den Strecken werden neue, barrierefreie Züge der Hersteller Stadler (Go-Ahead) und Bombardier (Abellio) eingesetzt. Doch die Fahrzeuge wurden zunächst gar nicht oder zu spät und mit teils technischen Problemen geliefert. Pendler, die von Zugausfällen und Verspätungen regionaler Bahnen betroffen waren und Dauerkarten hatten, erhielten deswegen eine einmalige Entschädigung.
Auch in einer Antwort des Ministeriums auf eine Landtagsanfrage der AfD heißt es nun, die Betriebsqualität habe sich spürbar verbessert. Insgesamt sei sie auf den Regionalstrecken zufriedenstellend, selbst wenn es weiterhin Verspätungen und Ausfälle gebe, heißt es in der Drucksache. Bei den von DB Regio betriebenen Netzen sei beispielsweise der Raum Freiburg mit der »Breisgau S-Bahn« stärker von Zugausfällen betroffen gewesen, unbefriedigend war demnach auch die Qualität auf der Strecke von Singen nach Schaffhausen.
Spürbar stabilisiert hat sich die Lage dem Verkehrsministerium zufolge beim Betreiber Go-Ahead. Dagegen habe es bei Abellio zusätzlich zur Strecke von Stuttgart über Mühlacker und Bretten nach Bruchsal auch stärkere Probleme auf der Frankenbahn im Abschnitt von Stuttgart über Heilbronn nach Osterburken gegeben, heißt es in der Drucksache. Neue Fahrzeuge seien mit technischen Störungen, viele von ihnen auch deutlich verspätet geliefert worden. Dies habe sich auf die Zeitpläne für Zulassungen, Testfahrten und Inbetriebnahmen ausgewirkt. Zum anderen habe Abellio unter dem überlasteten Stuttgarter Hauptbahnhof und der monatelang gesperrten Schnellfahrstrecke Stuttgart-Mannheim gelitten, heißt es in der Antwort des Ministeriums.
Hermanns Behörde zeigte sich bei Abellio optimistisch: Es sei davon auszugehen, dass die Betriebsqualität im Laufe des Jahres besser werde und auch bleibe. Es gebe regelmäßige Gespräche mit dem Unternehmen, zudem könne das Land kurzfristig Ersatzzüge organisieren. Über einen Pool sollen von Juni an bei Personalmangel außerdem Lokführer abgerufen werden können. (dpa)
Landtagsdrucksache »Verspätungen und Ausfälle im Nahverkehr in Baden-Württemberg«