Mit Sturmgewehren, Maschinengewehren und Pistolen hat der Waffenhersteller Heckler & Koch 2021 deutlich mehr Gewinn gemacht. Im vergangenen Jahr verbuchte das Unternehmen ein Nachsteuerergebnis von 21,8 Millionen Euro und damit 61 Prozent mehr als 2020 (13,5 Millionen Euro), wie H&K am Freitag in Oberndorf mitteilte. 2019 war es noch ein Mini-Gewinn von 1,6 Millionen Euro gewesen und 2018 ein Verlust von 8,1 Millionen Euro - damals war die Firma angeschlagen. Nach einer Sanierung samt zwischenzeitlicher unbezahlter Extra-Arbeit und Investitionen ging es aber bergauf.
Der Umsatz erhöhte sich 2021 den Angaben zufolge im Vergleich zu 2020 um 5,5 Prozent auf 290,2 Millionen Euro, das Unternehmen wirtschaftete also deutlich profitabler als zuvor. »Die Neuaufstellung und die Modernisierung der Firma in den vergangenen Jahren zahlen sich aus«, sagt Firmenchef Jens Bodo Koch. Im Rahmen der langjährigen Finanzplanung rechnet das Unternehmen mit weiterem Wachstum.
H&K ist mit seinen 1050 Beschäftigten der größte Handfeuerwaffen-Hersteller in Deutschland. Zu den Wettbewerbern gehören neben C.G. Haenel aus Thüringen auch Sig Sauer aus den USA, FN Herstal aus Belgien und Beretta aus Italien. CZG spielt auf dem internationalen Markt ebenfalls eine Rolle, die tschechische Firma hatte vergangenes Jahr den US-Konkurrenten Colt übernommen.
Der Krieg in der Ukraine und dessen Folgen kurbeln die Nachfrage nach Rüstungsgütern derzeit an. Rheinmetall hatte unlängst verlautbaren lassen, man habe Anfragen aus Zentral- und Osteuropa. Auch die Inlandsnachfrage steigt für die deutsche Rüstungsbranche: Die Bundesregierung plant, die Bundeswehr mit einem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro auf Vordermann zu bringen. Hierbei geht es zwar vor allem um Panzer, Hubschrauber und andere große Rüstungsgüter, Kleinwaffen-Fabrikanten dürften von den höheren Verteidigungsausgaben aber ebenfalls profitieren.
H&K-Chef Koch sieht eine steigende Nachfrage, die eine Folge des Ukraine-Krieges ist, als wirtschaftlichen Sondereffekt, dessen Umfang noch nicht abzuschätzen sei. »Die Nachfrage dürfte in den kommenden Jahren stärker steigen als bisher von uns prognostiziert«, sagt der Manager. Erste zusätzliche Anfragen seien in den vergangenen Wochen bereits eingegangen. Mehr Details hierzu nannte er nicht. Bekannt ist, dass H&K Sturmgewehre unter anderem an Norwegen, Litauen und Lettland liefert. Möglich ist, dass diese Staaten die Vertragsvolumina aufstocken. Darauf wollte Koch nicht eingehen.
Hat Heckler & Koch genug Kapazitäten, um kurzfristige Extra-Aufträge stemmen zu können? »Wir haben in Simulationen ermittelt, was eine höhere Nachfrage für unsere Produktion bedeuten könnte«, sagt Koch. Die Firma wisse jetzt, wo sie was investieren müsse, um den Output deutlich zu erhöhen. Eine Ausweitung der Kapazitäten wäre recht schnell zu meistern. »Wir sind präpariert und gut aufgestellt, um den unmittelbaren Mehrbedarf zu decken.«
Unabhängig von den Folgen des Ukraine-Krieges kann sich H&K auf einen Großauftrag der Bundeswehr über 120.000 Sturmgewehre einstellen. Der Konkurrent Haenel zieht juristisch zwar alle Register, und am 6. April soll das Düsseldorfer Oberlandesgericht darüber urteilen, ob die Thüringer doch wieder in ein Vergabeverfahren einsteigen dürfen. Allerdings sieht es eher danach aus, als ob Haenel außen vor bleibt - dann wäre H&K der Auftrag letztlich nicht mehr zu nehmen, nur noch die Zustimmung des Bundestages würde noch für die Gültigkeit des Vertrags fehlen. »Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir den Auftrag bekommen«, sagt Finanzvorstand Björn Krönert. Man könnte dann unverzüglich mit der Produktion beginnen.
Die Jahresbilanz der Firma aus dem Nord-Schwarzwald ist positiv, der Schuldenberg allerdings ist noch immer hoch - zum Jahreswechsel lag er bei 243,5 Millionen Euro, das war wegen Zinsen etwas mehr als Ende 2020 (238 Millionen Euro). Zwei Drittel der Schulden entfallen allerdings auf zwei Großaktionäre - diese Verbindlichkeiten sind daher eher unproblematisch für die Firma.
Heckler & Koch verfolgt eine sogenannte Grüne-Länder-Strategie, der zufolge nur noch demokratische und nichtkorrupte EU- und Nato-Staaten beliefert werden sollen, plus Japan, Australien, Neuseeland und die Schweiz. Das soll der Regelfall sein, Ausnahmen lässt der Vorstand aber zu. Der Anteil der Nicht-Grünen-Staaten sank zuletzt deutlich: 2020 lag er bei 1,7 Prozent des Umsatzes und 2021 waren es Firmenangaben zufolge noch 0,2 Prozent, also etwa eine halbe Million Euro Umsatz. Hierbei ging es um Waffenlieferungen an Südkorea und Singapur sowie um Ersatzteile an andere Staaten.
© dpa-infocom, dpa:220311-99-476008/5