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Hürden im Kampf gegen Leerstand in Stuttgart

Die Sorgen um den Handel in der Innenstadt wachsen, immer mehr Läden machen dicht

Schnäppchenladen an der unteren Königstraße. Einst war hier Karstadt zu Hause, künftig soll es Büros geben.  FOTOS: LG/KOVALENKO
Schnäppchenladen an der unteren Königstraße. Einst war hier Karstadt zu Hause, künftig soll es Büros geben. FOTOS: LG/KOVALENKO
Schnäppchenladen an der unteren Königstraße. Einst war hier Karstadt zu Hause, künftig soll es Büros geben. FOTOS: LG/KOVALENKO

STUTTGART. Das Schuhhaus Görtz, die Fläche von Maute Benger und Hallhuber, die ehemalige Zara-Filiale: Wer aktuell auf der Königstraße unterwegs ist, kommt an vielen leer stehenden Geschäften vorbei. Die Sorgen um den Handel und die Stuttgarter Innenstadt wachsen. Doch die Experten aus der Immobilienbranche betonen auch immer wieder, dass das Interesse an Flächen rund um die Königstraße ungebrochen groß ist – auch wenn sich die Anforderungen an die Immobilien verändert haben. Grundsätzlich werden weniger Quadratmeter benötigt, und Flächen im Obergeschoss haben an Beliebtheit verloren.

»Wie in vielen anderen Städten befindet sich die Innenstadt momentan in einem andauernden Transformationsprozess«, heißt es im Stuttgarter Rathaus. Welche Bedeutung dabei Handels- und Gastronomieimmobilien haben und vor welchen Herausforderungen sie aktuell stehen, darüber diskutierten jüngst hinter verschlossenen Türen rund 30 Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft und Interessensverbänden beim 6. City-Dialog. Oberbürgermeister Frank Nopper hatte dazu eingeladen.

Mehr Menschen auf der Königstraße

»Ich habe zum Einstieg gesagt, dass in der öffentlichen Wahrnehmung in der Innenstadt anscheinend alles schlechter wird«, sagte der OB im Anschluss an die Veranstaltung. Dieser Einschätzung trete man aber entschieden entgegen. In vielen Teilen sehe man schon, dass es besser werde. Zum Beispiel sei die Frequenz auf der Königstraße von 2022 auf 2023 um 30 Prozent gestiegen und habe zuletzt sogar über dem Vor-Corona-Jahr 2019 gelegen. 19,1 Millionen Passantinnen und Passanten seien 2023 auf der Königstraße unterwegs gewesen. 2019 wurden 17,9 Millionen gezählt.

Nopper nannte zudem städtebauliche Aufwertungen wie etwa im Dorotheen-Quartier. Mit dem Haus des Tourismus am Marktplatz, der Revitalisierung des Areals Königstraße 1 bis 3 durch die LBBW Immobilien und mit dem neuen Bahnhof erhalte Stuttgart in sehr naher Zukunft »weitere hochattraktive Stadtbausteine«. Im März werde an der Ecke Eberhard/Steinstraße der Grundstein für das Vier-Giebel-Haus gelegt, das Anfang 2026 fertig sein soll.

Will die Genehmigungsprozesse beschleunigen: Stuttgarts OB  Frank Nopper.
Will die Genehmigungsprozesse beschleunigen: Stuttgarts OB Frank Nopper. Foto: Eibner-Pressefoto/Sascha Walther
Will die Genehmigungsprozesse beschleunigen: Stuttgarts OB Frank Nopper.
Foto: Eibner-Pressefoto/Sascha Walther

Allerdings provozieren Bautätigkeiten auch Anträge bei der Stadtverwaltung beziehungsweise im Baurechtsamt. Und dort können die Papiere auch schon einmal ein Jahr liegen. »Die nötigen Genehmigungsprozesse dauern zu lange. Der aktuelle Leerstand in der City geht also zu guten Teilen auf das Konto der Verwaltung«, sagt zum Beispiel auch der FDP-Stadtrat Eric Neumann. Er fordert, dass die Verwaltung »vor allem neue Konzepte für die Belegung der Flächen zulassen, schnell reagieren und nicht ewig über Genehmigungen brüten« solle.

Nutzungsänderungen geplant

Dass es da noch erheblichen Verbesserungsbedarf gibt, ist auch OB Nopper bewusst: »Die Verfahren beim Baurechtsamt zu beschleunigen und zu verschlanken ist unser Ziel.« Das ist auch dringend nötig, denn allein die beiden ECE-Häuser Milaneo und Königsbau-Passagen rechnen in naher Zukunft mit rund 100 Nutzungsänderungen, sagt Wirtschaftsförderer Bernhard Grieb. Auch Citymanager Sven Hahn betont: »Der Bedarf ist schockierend groß, dass Bauanträge und Nutzungsänderungen schneller bearbeitet werden müssen.«

Es gebe bereits mehrere Vorschläge von Experten, die noch vor Ostern detaillierter besprochen werden sollten. Die Ideen reichen von externen Firmen, die sich um die Genehmigung des Brandschutzes kümmern, bis hin zu Duldungen für gewisse Nutzungsänderungen, statt einen komplett neuen Bauantrag stellen zu müssen. »Wir als Stadtverwaltung wollen mit Ihnen darüber sprechen, wie wir Hürden aus dem Weg räumen können und als Stadt diesen Weiterentwicklungsprozess unterstützen und flankieren können«, erklärt OB Frank Nopper.

»Mehr los als vor der Corona-Krise«

Kirsten Rickes, die Leiterin des städtischen Baurechtsamts, ergänzt, dass ihr Amt auch an die Vorgaben der Landesbauordnung gebunden sei. Manches sei in Stuttgart leider nicht möglich. Intern laufe in ihrem Amt eine sogenannte Organisationsuntersuchung, um herauszufinden, welche Möglichkeiten die Stadtverwaltung selbst habe, um Verfahren zu optimieren.

Gewisse Dinge habe man schon in Angriff genommen, sagt OB Nopper, wie die Digitalisierung beim Baurechtsamt. Im Januar 2022 hat die Stadt Stuttgart den digitalen Bauantrag eingeführt. »Damit steht allen Bürgern und Unternehmen ein nutzerfreundlicher Onlineprozess zur Verfügung«, heißt es auf der Internetseite der Stadt. Allerdings, gibt der Oberbürgermeister zu, läuft bei der Umstellung noch nicht alles rund: »In der Übergangsphase kommt es leider erst einmal eher zu einer Verlangsamung der Prozesse. Und dort befinden wir uns im Moment.« Zudem sei das Baurechtsamt stark unterbesetzt. Insgesamt habe die Behörde 170,37 Stellen, sagt der Sprecher des Oberbürgermeisters, David Rau. 30,48 Stellen seien derzeit frei. »Davon konnte das Baurechtsamt 8,65 Stellen besetzen. Diese neuen Mitarbeiter werden in den kommenden Monaten starten.« Aber der OB verspricht: »Wir tun alles dafür, zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen.«

Dass man von heute auf morgen keine Wunder erwarten dürfe, sei allen klar, sagt Sven Hahn. Aber dass man nun miteinander spreche, sei ein wichtiger Schritt. Nun hoffe er inständig, dass der nächste Termin wie zugesagt noch vor Ostern stattfinde. (GEA)