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Aktuell Stadtbücherei

Höhere Gebühren trotz voller Kassen

Die Bibliothek ist den Stuttgartern lieb und teuer. Seit sie mehr zahlen müssen, sind viele aber verärgert

Die Stuttgarter Stadtbibliothek ist ein architektonisches Kleinod. Sie finanziert sich durchschnittlich zu sechs Prozent aus eig
Die Stuttgarter Stadtbibliothek ist ein architektonisches Kleinod. Sie finanziert sich durchschnittlich zu sechs Prozent aus eigenen Einnahmen, 94 Prozent werden aus dem Stadthaushalt bezuschusst. FOTO: LICHTGUT/LEIF PIECHOWSKI
Die Stuttgarter Stadtbibliothek ist ein architektonisches Kleinod. Sie finanziert sich durchschnittlich zu sechs Prozent aus eigenen Einnahmen, 94 Prozent werden aus dem Stadthaushalt bezuschusst. FOTO: LICHTGUT/LEIF PIECHOWSKI

STUTTGART. Malik Zighmi ist verärgert. »Das ist nicht zu verstehen. Wer hat das entschieden?«, fragt er. Gemeint ist die Gebührenerhöhung der Stadtbibliothek, die seit 1. Januar gilt. Neu eingeführt wurde gar die Transportgebühr: Wenn man ein Buch in der Bibliothek am Mailänder Platz ausleiht und in einer Stadtteilbücherei zurückgeben will, kostet das fortan einen Euro. Bisher war der Service kostenfrei und wurde rege genutzt: Im Jahr wurden eine halbe Million Medien zwischen den verschiedenen Bibliotheken transportiert.

»Ich gehe mit meinen Kindern gerne auch mal unregelmäßig in den Büchereiwürfel, um das ausgelesene Botnanger Stadtteilbibliotheksangebot zu ergänzen. Aber nicht oft genug, um es auch dort wieder rechtzeitig zurückzugeben. So wird das für meine Kinder und mich teuer«, so Zighmi. Zumal auch die Gebühr für verspätete Medienrückgabe erhöht wurde: von 50 Cent für jedes Medium pro Woche auf 80 Cent.

Gelbe Karten von den Bürgern

Auch andere Bürger beschweren sich: Seit November 2018 sind 21 Gelbe Karten zur Gebührenerhöhung in der Stadtbibliothek eingegangen. 20 davon betreffen die Transportgebühren. Ein Großteil bezeichnet die Gebührenerhöhung als kundenunfreundlich. Für einige Bürger ist die Höhe der Gebührenerhöhung nicht nachvollziehbar. Andere kritisieren die Erhöhung aus sozialen Aspekten. Ein Bürger spricht die Feinstaubbelastung durch den Transport an.

Auch Martin Körner, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Stuttgarter Rathaus, stieß vor ein paar Tagen in der Eduard-Pfeifer-Bücherei im Osten auf »eine unangenehme Erinnerung an einen Beschluss von CDU und Grünen zur Haushaltskonsolidierung«. Denn tatsächlich muss die Stadtbibliothek – so steht es dort auch auf Hinweiszetteln zu lesen – »einen Beitrag zur strukturellen Verbesserung des Stadthaushalts leisten«.

Körner findet diesen Beschluss falsch: »Stuttgart ist eine reiche Stadt mit einem Jahresüberschuss von 200 Millionen Euro. Da stellt sich die Frage: Was soll das?« Zumal sehr viele Menschen und auch viele Familien von der Gebührenerhöhung betroffen sind. »Das ist ein falsches Signal.«

Überrascht wurde er von der Erhöhung freilich nicht: Bereits im Jahr 2017 hatte die Verwaltung eine Liste mit »Maßnahmen zur strukturellen Verbesserung des Stadthaushalts« in den Gemeinderat eingebracht. Trotz voller Kassen gab es etliche Vorschläge, Gelder einzusparen oder zu erwirtschaften – darunter auch die, die jährliche Nutzungsgebühr der Stadtbibliothek sowie die Versäumnisgebühr zu erhöhen und eine neue Transportgebühr einzuführen. Durch diese neue Gebühr will man 70 000 Euro Mehreinnahmen erzielen. Die SPD stellte damals den Antrag, dass alle drei Vorschläge nicht umgesetzt werden sollten. Gelungen ist ihr nur, die geplante Erhöhung der jährlichen Nutzungsgebühr zu verhindern. Die höhere Versäumnisgebühr und die Transportgebühr kamen durch. (GEA)