Eine weitgehende Reform mit 36 neuen Großpfarreien führt im Freiburger Erzbistum zu einer Debatte über die Zukunft der Kirche. »Natürlich gibt es überall die Frage, wie der Systemwechsel gut gelingen kann«, sagte Dekan Stefan Meisert der Deutschen Presse-Agentur. »Wir haben eine große Umbausituation. Unsere Rollen verändern sich. Wir müssen es ausprobieren.« Meisert ist Moderator und Sprecher des Priesterrats - das ist ein Kreis von Priestern, der Erzbischof Stephan Burger berät. Ein Dekan leitet einen Verwaltungsbezirk mit mehreren Pfarreien.
Die 36 Großpfarreien werden schrittweise bis zum 1. Januar 2026 eingerichtet. Burger hatte unlängst die Namen der Pfarreien und der leitenden Pfarrer genannt - das galt als eine wichtige Etappe. Bisher gibt es 1048 Einzelpfarreien, zusammengefasst in 224 Seelsorgeeinheiten. Hintergrund des seit Längerem geplanten Umbaus sind sinkende Zahlen bei Gläubigen und Mitarbeitern - so ist die Erzdiözese wie andere Diözesen auch vom Priestermangel betroffen. Gottesdienste kann es bereits nicht mehr an jedem Wochenende in allen Kirchen geben. Die Einnahmen bei der Kirchensteuer dürften zudem auf längere Sicht schrumpfen, wie die Erzdiözese vorrechnet.
Bange Fragen von Gemeindemitgliedern
Bange Fragen aus dem Kreis von Gemeindemitgliedern registriert die Vorsitzende des Diözesanrats, Martina Kastner. Manche Gläubige wollten wissen, ob sie künftig zum Sitz der Großpfarrei fahren müssten. »Was wird mit unserer Kirche?« - so laute eine weitere Frage, die gestellt werde. Die Reform biete aber auch Chancen, über den eigenen Kirchturm hinauszuschauen - so könnten in größeren Einheiten etwa Kirchenchöre erhalten werden, meinte Kastner. Der Diözesanrat ist ein Zusammenschluss von Laien in einer Diözese. Mitglieder kommen aus Dekanats- und Pfarrgemeinderäten, Verbänden, Organisationen und Initiativen.
Es handelt sich bei der Reform um den größten Veränderungsprozess in der 200-jährigen Geschichte der Erzdiözese, wie diese mitteilte. Mit rund 1,65 Millionen Katholiken gehört das Erzbistum zu den größten der 27 Diözesen in Deutschland. Das Gebiet reicht vom Odenwald im Norden über die Rheinebene und den Schwarzwald bis zum Bodensee.
Gemeinden sollen bleiben
»Wir werden weiter die Gemeinde vor Ort haben«, versicherte Dekan Ulrich Stoffers auf Anfrage. Zur künftigen Kirchengemeinde St. Alexander Rastatt, deren designierter Leiter Stoffers ist, gehören rund 25 Gemeinden. Die Reform sei aber bisher nicht abgeschlossen, gab er zu bedenken. So müssten die Ressourcen für die neuen Großpfarreien erst noch festgelegt werden.
Mit Blick auf die Gemeindemitglieder sagte Dekan Meisert: »Ich glaube, für sie wird sich gar nicht so viel ändern. Wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen verlässliche Ansprechpersonen bekommen.« Es werde Priester geben, die blieben, aber mit weniger Kompetenzen: »Die Priester, die nicht zum Leitungsgremium gehören, werden in der Pfarrei auf einer Ebene mit allen hauptberuflichen pastoralen Mitarbeitern stehen.« Unter dem Begriff »pastoral« versteht man die Seelsorge.
Nicht alles kann fortgeführt werden
Der designierte Leiter der Pfarrei St. Maria Mosbach-Neckarelz, Michael Gartner, formulierte für seinen Bereich im Neckar-Odenwald-Kreis die Lage so: Manch Liebgewordenes könne in Gemeinden nicht fortgeführt werden. Und: »Das wird bei Gläubigen zu Enttäuschung und Schmerz führen. Dies mit auszuhalten wird nicht leicht werden«, sagte Gartner unlängst der Bistumszeitung »Konradsblatt«.
Strukturreformen gibt es in der katholischen Kirche auch woanders. Im Erzbistum München und Freising trat mit dem neuen Jahr die Dekanatsreform in Kraft. Statt 40 gibt es nur noch 18 Dekanate, die größtenteils mit den Landkreisen übereinstimmen. Der Grund für die Reform: fehlendes Personal. Eine größere Strukturreform steht in der Diözese Rottenburg-Stuttgart hingegen nicht auf der Agenda. Ende vergangenen Jahres endete dort die Ära von Gebhard Fürst als Bischof - ein Nachfolger muss noch bestimmt werden.
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