Mit Wahlen für ein beratendes Parteigremium sind die Grünen in die Schlussphase ihres viertägigen Marathon-Parteitags gestartet. Unter anderem die Spitzenkandidatin für den Europawahlkampf, Terry Reintke, wurde am Sonntag in Karlsruhe in den sogenannten Parteirat gewählt.
Am Samstag hatten die Delegierten mehrere Kapitel zum Europawahlprogramm beraten und verabschiedet. In der Sozialpolitik wollen die Grünen sich dafür stark machen, dass die Europäische Union verbindliche Standards setzt für Löhne, die Stärkung von Gewerkschaften sowie gegen Willkür und Ausbeutung.
Viele Delegierte feierten und tanzten bis in die frühen Stunden des Sonntagmorgens nach einer erhitzten Debatte zur Asylpolitik. Die Grüne Jugend hatte einen Antrag gestellt, mit dem sie Ministern sowie Fraktionen in Bund und Ländern die Zustimmung zu »weiteren Asylrechtsverschärfungen« verbieten wollte. Dafür gab es keine Mehrheit. Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock hatten vor weitreichenden Konsequenzen für die eigene Handlungsfähigkeit und die anderer grüner Politiker gewarnt.
Die Co-Vorsitzende der Grünen Jugend, Katharina Stolla, sah dennoch Rückhalt für die weitreichende Kritik der Nachwuchsorganisation an der Asylpolitik auch in der eigenen Parteispitze. »Von diesem Parteitag geht ein klares Zeichen aus: Die Partei ist unzufrieden über den asylpolitischen Kurs der Ampel, den die Grünen mitverantworten«, erklärte sie am Sonntag.
Nur bei einer Abstimmung zum geplanten Handelsabkommen der EU mit der südamerikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur kassierte der Bundesvorstand am Samstag eine Niederlage. Der Parteitag forderte Nachverhandlungen, um dem »intensiven Abbau von Rohstoffen im globalen Süden für den Konsum des globalen Nordens« ein Ende zu setzen.
Die Gespräche zum Mercosur-Abkommen laufen seit Jahren. Eigentlich gibt es seit 2019 eine Grundsatzeinigung mit Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay, die jedoch wegen anhaltender Bedenken - etwa beim Regenwaldschutz - nicht umgesetzt wird. Die Wahl des selbst ernannten »Anarchokapitalisten« Javier Milei zum Präsidenten Argentiniens könnte zu zusätzlichen Herausforderungen führen.
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