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»Gewisse Lenkungswirkung«: Kretschmann lobt Klima-Kompromiss

Bei Verhandlungen über das Klimapaket haben Bund und Länder einen Durchbruch erreicht. Der CO2-Preis soll nun höher ausfallen als geplant. Das könnten sich die Grünen auf die Fahnen schreiben, meint Ministerpräsident Kretschmann. So ganz zufrieden ist er aber nicht.

Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen)
Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Foto: Guido Kirchner/dpa/Archivbild
Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Foto: Guido Kirchner/dpa/Archivbild

Stuttgart (dpa/lsw) - Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat den Kompromiss im Vermittlungsausschuss zum Klimapaket als »Schritt in die richtige Richtung« bezeichnet. »Unser Druck hat dafür gesorgt, dass der dürftige Einstiegspreis der GroKo fast verdreifacht wurde« und damit »eine gewisse Lenkungswirkung« enthalten könne, sagte der Grünen-Politiker am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. »Wir haben außerdem durchgesetzt, dass der Preis deutlich schneller ansteigen wird als bisher vorgesehen und dass der soziale Ausgleich verbessert wurde.« Die Grünen hätten die Verbesserung im Vermittlungsausschuss gegen harte Widerstände von Union und SPD durchgesetzt.

Bei den komplizierten Vermittlungsverhandlungen über das Klimapaket der Bundesregierung haben Vertreter von Bund und Ländern einen Durchbruch erzielt. Demnach soll der CO2-Preis im Verkehr und bei Gebäuden zum 1. Januar 2021 mit 25 Euro pro Tonne starten - bisher war ein Einstiegspreis von 10 Euro vorgesehen. Der CO2-Preis soll fossile Heiz- und Kraftstoffe verteuern, damit Bürger und Industrie klimafreundliche Technologien kaufen und entwickeln.

Kernpunkte des Grundsatzkompromisses von Bund und Ländern sind im Gegenzug zudem eine weitere Anhebung der Pendlerpauschale und Entlastungen beim Strompreis in Milliardenhöhe. Damit ist auch der Weg frei für eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Bahntickets im Fernverkehr Anfang 2020. Für Steuerausfälle sollen die Länder mehr Geld vom Bund bekommen.

»Wir haben diese Verbesserung im Vermittlungsausschuss gegen harte Widerstände von Union und SPD durchgesetzt - einem grünen Ministerpräsidenten und einem grünen Fraktionsvorsitzenden sitzen dort 30 Nichtgrüne gegenüber«, sagte Kretschmann. Als Teil einer Bundesregierung hätte man einen deutlich besseren CO2-Preis durchgesetzt. Weil beim Klimaschutz aber jedes Jahr und jede Tonne CO2 zähle, »sehen wir es als unsere Verantwortung, auch aus der Opposition und den Landesregierungen heraus um jede Verbesserung zu kämpfen, wissend, dass mehr nötig ist«. Man akzeptiere das Verhandlungsergebnis, werde aber im Bundestagswahlkampf weiter für einen wirksameren CO2-Preis mit vollem sozialem Ausgleich kämpfen.

Kretschmann hatte die ursprünglichen Klima-Pläne der GroKo in den vergangenen Wochen massiv kritisiert und Nachbesserungen gefordert. Ein Preis von zehn Euro pro Tonne entfalte keine Lenkungswirkung, hatte er gesagt. Benzin werde damit drei Cent teuer. Notwendig sei ein Einstiegspreis von 40 Euro pro Tonne, hatte Kretschmann im November gesagt.

Es sei von Anfang an klar gewesen, dass im Vermittlungsausschuss aus völlig unzureichenden Maßnahmen kein wirklich guter Klimaschutz gemacht werden könne, auch weil essenzielle Teile des Klimapakets nicht zur Verhandlung gestanden hätten, betonte er am Montag. Die Klimaschutzpolitik von SPD, CDU und CSU bleibe völlig unzureichend - der Ausbau der erneuerbaren Energien lahme, der Kohleausstieg liege immer noch nicht auf dem Tisch, von der notwendigen Verkehrs- und Agrarwende sei nichts zu sehen. »Der nächste Kampf wird sein zu verhindern, dass die Bundesregierung hinter den schmerzhaft errungenen Kohleausstiegskompromiss zurückfällt und die Windkraft abwürgt.«

SPD-Chef Andreas Stoch lobte hingegen den Kompromiss von Bund und Ländern und schrieb diesen vor allem seiner eigenen Partei zu. »Die SPD-Parteitage in Land und Bund wie auch das Drängen der Bundesumweltministerin haben Wirkung gezeigt«, betonte Stoch. »Zudem werde durch die Kompensation über die Senkung der EEG-Zulage und die Nachbesserung bei der Fernpendlerpauschale auch die soziale Gerechtigkeit nicht aus dem Auge verloren.«

Der Nabu Baden-Württemberg bezeichnete allerdings auch 25 Euro pro Tonne als viel zu niedrig. »Wichtig ist, dass der Preis in den kommenden Jahren schnell ansteigt und die Tonne CO2 das kostet, was sie kosten müsste, um effektiven Klimaschutz zu machen«, sagte Landeschef Johannes Enssle. »Nach Berechnungen des Umweltbundesamtes wären das Stand heute 180 Euro, also mehr als sieben Mal so viel.«