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Geringe Nachfrage belastet Obst- und Gemüsewirtschaft

Hohe Betriebskosten, aber kaum gestiegene Preise für ihre Waren und wenig Nachfrage - die Obst- und Gemüsebauern im Land sehen sich gleich mehrfach in die Zange genommen. Der Genossenschaftsverband warnt: vor leeren Regalen und noch mehr Abhängigkeit vom Ausland.

Regionales Obst und Gemüse ist lecker und gesund, doch Bewirtschaftung und Ernte wird für die Erzeuger immer teurer - und der Kunde greift gleichzeitig seltener zu. Der Baden-Württembergische Genossenschaftsverband zog am Dienstag in Karlsruhe eine düstere Bilanz des vergangenen Jahres. Für viele Obst- und Gemüsebauern stelle sich inzwischen die Existenzfrage, warnte Präsident Roman Glaser. Er appellierte an Politik, Lebensmitteleinzelhandel und Verbraucher, sich klar zur heimischen Landwirtschaft zu bekennen. »Reine Lippenbekenntnisse reichen nicht aus«, sagte er. »Es muss auch danach gehandelt werden.«

Glaser monierte unterschiedliche Standards bei der Erzeugung: Für importierte Ware würden in den Herkunftsländern oftmals nachweislich niedrigere Anforderungen gelten, während heimische Ware sich höchsten Standards zu unterwerfen habe. Das führe zur Verzerrung des Wettbewerbs. »Und es wird dazu führen, dass wir einen Teil der heimischen Produktion verlieren.«

»Wenn heimische Produkte deutlich teurer sind, dann ist irgendwann die Bereitschaft der Bevölkerung nicht mehr da, diese zu kaufen«, ergänzte Johannes Bliestle, Geschäftsführer der Reichenau Gemüse. So mancher Erzeuger spiele angesichts der unsicheren Zukunft mit dem Gedanken, sich früher als geplant in die Rente zurückzuziehen.

Schwer zu schaffen machte den Obst- und Gemüsebauern im Land vor allem die Erhöhung des Mindestlohnes, allgemein höhere Lohnkosten sowie mehr Ausgaben für Energie, Transport und Verpackung. Wegen des trockenen Sommers hätten die Landwirte zudem für Bewässerung tiefer in die Tasche greifen müssen - ohne dass sie all diese Mehrausgaben mit höheren Preisen für ihre Produkte hereinholen konnten, sagte Glaser. Die Preise für frisches Obst und Gemüse seien 2022 nur geringfügig gestiegen.

Die Verbraucherinnen und Verbraucher seien vor dem Hintergrund steigender Lebenshaltungskosten stark verunsichert und hätten vermehrt im Discounter eingekauft. »Regionalität verlor im Handel an Bedeutung«, sagte Glaser. »Immer mehr Billigprodukte aus dem Ausland landeten in der Regalen.« Er sehe die große Gefahr, dass regionale Betriebe aus dem Markt verdrängt würden.

Insgesamt hätten die genossenschaftlichen Erzeuger gemeinsam mit ihren Vertriebsgesellschaften im Jahr 2022 Rückgänge bei der Menge wie auch beim Umsatz mit Obst und Gemüse verzeichnet: Beim Obst habe man mit 243.000 Tonnen rund 18.000 Tonnen und damit 7 Prozent weniger vermarktet als im Vorjahr. Beim Gemüse waren es 126.000 Tonnen (Vorjahr: rund 133.000) - ein Minus von 5 Prozent. Die Umsätze insgesamt sanken um 7 Prozent auf 470 Millionen Euro.

Vor allem die Erdbeer- und die Spargelbauern konnten nicht zufrieden sein: Mit rund 3800 Tonnen lag die Absatzmenge beim Spargel erneut auf historisch niedrigem Niveau. »Es war ein furchtbares Jahr«, sagte Glaser. Schon 2021 war der Spargelabsatz wegen fehlender Saisonkräfte und wegen Corona mit teils geschlossener Gastronomie mit rund 4700 Tonnen sehr gering gewesen. Der Verkauf heimischer Erdbeeren litt unter großer und billigerer Konkurrenz aus dem Ausland und lag mit etwas über 6000 Tonnen etwa 2300 Tonnen unter dem Absatz des Vorjahres.

Bei des Deutschen liebstem Obst, den Äpfeln, verbesserte sich die Vermarktungsmenge zwar und bewegte sich um 36 Prozent nach oben auf 194.000 Tonnen. Der Umsatz stieg hingegen nur um 6 Prozent auf 90 Millionen Euro: Niedrige Preise bremsten aber auch hier.

Pressemitteilung

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