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Gericht entscheidet über Fortgang des Lkw-Kartellprozesses

Justitia
Eine Statue der Justitia hält eine Waage in ihrer Hand. Foto: David-Wolfgang Ebener/Archivbild
Eine Statue der Justitia hält eine Waage in ihrer Hand. Foto: David-Wolfgang Ebener/Archivbild

MÜNCHEN. Im größten Schadenersatz-Prozess gegen das europäische Lkw-Kartell will das Landgericht München heute verkünden, ob die Klage überhaupt zulässig ist. Die Lastwagenbauer MAN, Daimler, DAF, Iveco und Volvo/Renault hatten jahrelang Preislisten ausgetauscht. Mehr als 3000 Spediteure und Transportfirmen fordern von ihnen in diesem Prozess jetzt 867 Millionen Euro Schadenersatz, weil sie 84 000 Lastwagen überteuert gekauft hätten.

Allerdings haben die Lkw-Käufer ihre Ansprüche auf Anraten des Bundesverbands Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) an den Prozessfinanzierer Financialright abgetreten. Financialright tritt in dem Prozess als alleiniger Kläger auf. Das Landgericht hatte am ersten und bisher einzigen Verhandlungstag im Oktober erklärt, es werde diese »Bündelung nach Art einer Sammelklage« bei einem Inkassounternehmen genau prüfen. Denn es betrete juristisches Neuland: »Es gibt keine Gerichtsentscheidung, die diesen Fall genau trifft.«

Die beklagten Lkw-Hersteller argumentieren, ein Inkassounternehmen ziehe unstreitige Forderungen ein, Rechtsberatung dagegen sei Sache von Rechtsanwälten. Das vereinbarte Erfolgshonorar von 30 Prozent der etwaigen Entschädigungssumme sei sittenwidrig hoch. Außerdem hätten Financialright und seine Anwaltskanzlei Hausfeld schlampig gearbeitet: Einige Lastwagen seien dreifach eingetragen, Lkw-Eigentümer seien unbekannt, sogar der Musikstreamingdienst Spotify tauche mehrfach als angeblicher Leasinggeber in der Klage auf.

Hausfeld-Anwalt Alex Petrasincu sagte, einzelne Fehler seien längst korrigiert worden. Das Landgericht Braunschweig habe mit dem Abtretungsmodell im Verfahren der Financialright-Schwester Myright im Prozess gegen Volkswagen wegen der Dieselautos kein Problem gesehen. Und der Bundesgerichtshof habe die Frage im Grundsatz eigentlich schon entschieden.

Sollte die Münchner Kartellkammer von Richterin Gesa Lutz die Klage von Financialright für rechtlich zulässig halten, wird erwartet, dass sie auch Hinweise zum weiteren Ablauf des Verfahrens gibt. Wahrscheinlich würde sie von Gutachtern klären lassen, ob und inwiefern das Kartell die von den Lkw-Käufern bezahlten Preise für ihren Lastwagen beeinflusst hat. Die EU-Kommission hatte den Kartellanten fast vier Milliarden Euro Bußgeld aufgebrummt, diese Frage aber offen gelassen. (dpa)

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