Trainer Pellegrino Matarazzo strahlt Ruhe aus, Sportdirektor Sven Mislintat beschreibt seinen Gefühlszustand in einem »Kicker«-Interview als »unnervös«. Obwohl der VfB Stuttgart am Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) vor einem richtungsweisenden Spiel beim Tabellennachbarn Hertha BSC steht, verfallen die Verantwortlichen des schwäbischen Fußball-Bundesligisten nicht in Panik.
»Niemand hat Angst. Das würde uns Energie rauben«, sagte Matarazzo drei Tage vor dem Duell. »Aber natürlich haben wir Respekt und der fördert Energie. Wir freuen uns auf das Spiel, denn mit einem Sieg können wir den Relegationsplatz verlassen.«
Seine Mannschaft habe eine Riesenchance, meinte Matarazzo. Klar ist aber auch: Eine Niederlage wäre ein herber Rückschlag im Kampf um den Klassenerhalt. Mit negativen Szenarien will sich der 44 Jahre alte Coach aber gar nicht beschäftigen. Er glaubt nach den vielen Einzelgesprächen, die er in dieser Woche geführt hat, dass seine Mannschaft die Wichtigkeit der Partie erkannt hat. »Die Jungs wissen, um was es geht«, sagte Matarazzo.
Ihm ist die Brisanz vor dem Duell in der Hauptstadt ebenfalls bewusst und deswegen gibt es im Moment kaum Möglichkeiten, um abzuschalten. »Ich lebe für diese Aufgabe und bin jeden Tag 24 Stunden online«, machte Matarazzo klar. »Ich bin aber auch nicht nervös, sondern funktioniere in solchen Situationen anders.«
Funktionieren soll in Berlin auch wieder das Offensivspiel. Zuletzt verpasste der VfB trotz vieler Großchancen einen Treffer beim 0:0 beim FSV Mainz 05. Als studierter Mathematiker weiß Matarazzo aber auch, dass eine höhere Anzahl an Chancen auch die Wahrscheinlichkeit erhöht, Tore zu erzielen. »Das ist ein Prozess«, sagte er.
Viel Zeit bleibt dem VfB aber nicht mehr, um dem dritten Abstieg in sieben Jahren noch zu entkommen. Ein Schlüssel zum Klassenerhalt könnte die Ruhe der Verantwortlichen sein. Arminia Bielefeld trennte sich als Tabellen-Vorletzter in dieser Woche von Frank Kramer, die Hertha hat mit dem früheren VfB-Trainer Felix Magath den bereits dritten Coach in dieser Saison und auch Florian Kohfeldt stieß erst im Verlauf der Saison zum VfL Wolfsburg. Matarazzo stand dagegen noch nicht groß zur Debatte.
Diese Ruhe gab es abseits des Rasens in der Vergangenheit selten beim VfB. Und auf dem Feld kehrt passend dazu für das Spiel im Olympiastadion mit Wataru Endo der stille Anführer und Kapitän nach überstandener Corona-Infektion zurück. Sollte er in der Startelf stehen, würde Waldemar Anton wohl wieder in die Defensive rücken. Atakan Karazors Einsatz entscheidet sich erst nach den ersten Belastungstests. Der inzwischen freigetestete Mittelfeldmann hatte sich ebenfalls mit dem Coronavirus infiziert.
Unabhängig davon, wer am Ende spielen wird - Matarazzo erwartet von seiner Mannschaft gegen eine zweikampfstarke Hertha Spielwitz und eine hohe Intensität. »Wir müssen gute Entscheidungen treffen, aber ich bin sehr optimistisch«, sagte er vor der sehr wichtigen Partie.
Endspiel-Charakter habe das Spiel zwar nicht, sagte Matarazzo. Der von ihm ausgestrahlten Ruhe würde der erst zweite Auswärtssieg der Saison aber ganz sicher guttun.
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