Ein 25 Jahre alter Häftling der Justizvollzugsanstalt (JVA) Mannheim hat einen Arztbesuch im Klinikum der Nachbarstadt Ludwigshafen zur Flucht genutzt. Am Krankenhaus der zweitgrößten Stadt in Rheinland-Pfalz habe bei dem Termin am Vormittag ein zweiter Mann auf einem Roller gewartet, teilte das Polizeipräsidium Ludwigshafen am Donnerstag mit.
Der vermummte Mann habe den Justizbeamten der JVA Mannheim mit einer Pistole gedroht und in die Luft geschossen, hieß es. Der an den Händen gefesselte Häftling aus dem benachbarten Baden-Württemberg sei auf den Roller gesprungen, und beide seien gemeinsam geflüchtet. Die Justizvollzugsbeamten konnten den Roller noch ein kurzes Stück verfolgen, bevor sie ihn aus den Augen verloren.
Nach Angaben von Klinik-Geschäftsführer Hans-Friedrich Günther war der Häftling in der Kieferchirurgie behandelt worden.
Die Staatsanwaltschaft Mannheim erließ einen Vollstreckungshaftbefehl und schrieb den Gefangenen zur Fahndung aus. Der Mann sei im Oktober 2022 vom Landgericht Mannheim unter anderem wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung und räuberischer Erpressung zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt worden, teilte die Anklagebehörde mit.
Die Polizei fahndete am Donnerstag mit starken Kräften nach dem Strafgefangenen und dem zweiten Mann. »Hierbei wird auch ein Polizeihubschrauber eingesetzt. Am Tatort konnte die Hülse einer Schreckschusswaffe gefunden werden«, teilten die Behörden mit. Laut Polizei ist der Flüchtige etwa 1,90 Meter groß, 80 Kilogramm schwer und hat eine athletische Figur. Er sei bei der Flucht mit einer schwarzen Hose, schwarzen Schuhen und einem olivfarbenen Parka bekleidet gewesen.
Zwischenzeitlich war ein schwarzer Roller gefunden worden - ob es sich das Fluchtfahrzeug handelt, war zunächst unklar.
Der Polizei lagen nach eigenen Angaben keine Hinweise auf eine Gefahr für Unbeteiligte vor. »Jedoch befindet sich der Flüchtige vermutlich in einer Ausnahmesituation, weshalb wir weiterhin darum bitten, keine Anhalter im Stadtgebiet Ludwigshafen mitzunehmen«, hieß es.
Es ist die zweite Flucht eines Häftlings aus Baden-Württemberg in Rheinland-Pfalz innerhalb weniger Wochen. Ein Gefangener der JVA Bruchsal war am 30. Oktober bei einem bewachten Ausflug an einen Baggersee in Germersheim entkommen und hatte dabei seine Fußfessel mithilfe eines Werkzeugs geknackt. Er war 2012 vom Landgericht Karlsruhe zu lebenslanger Haft verurteilt worden, weil er einen Mann erwürgt hatte. Der Gefangene befindet sich weiter auf der Flucht.
Eine Sprecherin der baden-württembergischen Justizministerin Marion Gentges (CDU) sagte, umfassende Sicherheitsüberprüfungen liefen bereits. »Diese beziehen sich darauf, wie das Risiko von Entweichungen während Ausführungen von Strafgefangenen durch zusätzliche organisatorische Maßnahmen weiter verringert werden kann«, sagte die Sprecherin. Ziel sei es, künftig Informationen über Ausführungen »so restriktiv wie möglich zu handhaben«. Zudem würden technische Maßnahmen geprüft.
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