Erzbischof Georg Gänswein wird als einer der bekanntesten katholischen Geistlichen dieser Zeit regelmäßig Gottesdienste im Freiburger Münster leiten. Dazu gehörten ab Herbst auch Festgottesdienste und Firmungen, teilte das Erzbistum am Montag in Freiburg mit. Dies sei das Ergebnis eines Gesprächs über die Zukunft des ehemaligen Privatsekretärs des einstigen deutschen Papstes Benedikt XVI. mit dem Freiburger Erzbischof Stephan Burger am vergangenen Freitag.
Der amtierende Papst Franziskus hatte Gänswein Mitte Juni aus dem Vatikan zurück in sein Heimatbistum Freiburg verwiesen. Hintergrund hierfür war Beobachtern zufolge das seit vielen Jahren als schwierig geltende Verhältnis zwischen Franziskus und Gänswein.
Gänswein hatte sich als engster Vertrauter bis zum Tod Benedikts an Silvester 2022 um den emeritierten Pontifex gekümmert. Als dieser nach seinem freiwilligen Amtsverzicht in den letzten Jahren kaum noch sprechen konnte, war Gänswein sein Sprachrohr. So hatte sich Benedikt nach seinem Rücktritt häufig in kirchenpolitischen Fragen zu Wort gemeldet und den Kurs des Nachfolgers kritisiert.
Gänsweins Ansichten gelten als sehr konservativ und sind innerkirchlich teilweise höchst umstritten. Nachdem mit Benedikt für die konservativen Franziskus-Gegner in Rom die Galionsfigur starb, hofften einige, dass Gänswein die Rolle - oder zumindest Teile davon - übernehmen könnte. Für Unverständnis und Empörung sorgte im Vatikan, dass der gebürtige Schwarzwälder kurz nach Benedikts Tod ein Buch über ihn herausbrachte und es bewarb. Im Buch schildert der 66-Jährige auch Konversationen mit Franziskus.
Seit einigen Tagen wohnt Gänswein wieder in Freiburg. Dort hat er eine Wohnung im Priesterseminar, der Ausbildungs- und Wohnstätte angehender Priester, bezogen. In Freiburg leben nun - nur zwei Minuten Fußweg voneinander entfernt - zwei Erzbischöfe: Stephan Burger (61) als Chef des Erzbistums und Gänswein als Rom-Rückkehrer.
Die beiden verständigten sich in ihrem Gespräch außerdem darauf, dass Gänswein weder eine Stelle im Erzbischöflichen Ordinariat noch eine andere dauerhafte, feste Tätigkeit im Erzbistum übernimmt, wie es in der Mitteilung weiter hieß. Damit will Erzbischof Burger offenbar verhindern, dass Gänswein per Amt zu viel Einfluss auf sein Erzbistum nimmt, wie aus Kirchenkreisen verlautete.
In einem Interview mit der italienischen Zeitung »Corriere della Sera« (Sonntagsausgabe) hatte Gänswein gesagt: »Ich bin eine Nervensäge in dem Sinne, dass ich lästig bin. Ich bin mitten in diese Situation geraten«, sagte der 66-Jährige. Er betonte erneut, dass er versprochen habe, zu schweigen und zu gehorchen. Er fühle sich jedoch trotzdem wohl in Freiburg. »Dies ist ein schöner Ort, ich habe hier vor 40 Jahren studiert, hier lebt man gut.«
Gänswein wurde in Riedern am Wald im Südschwarzwald geboren - als eines von fünf Kindern eines Schmieds und einer Hausfrau. In Freiburg studierte er Theologie. Dort wurde er im Mai 1984 auch zum Priester geweiht.
Im Jahr 1995 war er in den Vatikan gerufen worden, wo er ein Jahr später innerhalb der Kurie in die Glaubenskongregation kam. Dort war Joseph Ratzinger Präfekt und machte Gänswein 2003 zu seinem Assistenten. Nach der Wahl des bayerischen Kardinals zum Papst folgte ihm Gänswein in den Apostolischen Palast und wurde Privatsekretär.
© dpa-infocom, dpa:230717-99-433057/6