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Gänswein »beschämt« über frühe Ankündigung seines Buches

Wie wird man sich an den deutschen Papst erinnern? Welche Rolle spielte Benedikt XVI. im Umgang mit dem Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche? Sein langjähriger Privatsekretär Gänswein hat dazu dezidierte Meinungen.

Georg Gänswein
Georg Gänswein, Privatsekretär des verstorbenen Papst Benedikt XVI., hält nach einem Interview das von ihm verfassten Buch mit dem Titel »Nichts als die Wahrheit - Mein Leben mit Benedikt XVI.«. Foto: Karl-Josef Hildenbrand
Georg Gänswein, Privatsekretär des verstorbenen Papst Benedikt XVI., hält nach einem Interview das von ihm verfassten Buch mit dem Titel »Nichts als die Wahrheit - Mein Leben mit Benedikt XVI.«.
Foto: Karl-Josef Hildenbrand

Der langjährige Privatsekretär von Benedikt XVI., Georg Gänswein, schämt sich dafür, dass sein Buch über den emeritierten Papst so kurz nach dessen Tod angekündigt wurde. »Es war vereinbart, dass das Buch post mortem, nach dem Tod von Papst Benedikt, erscheinen soll. Das wusste auch Benedikt. Das habe ich ihm selbst gesagt. Dann aber wurde die Veröffentlichung unmittelbar nach dem Tod Benedikts schon angekündigt. Das hat auch mich völlig überrascht, ja erschüttert«, sagte der 66-jährige Erzbischof der Deutschen Presse-Agentur in München.

Nur wenige Tage nach dem Tod Benedikts an Silvester 2022 war das Buch angekündigt worden, nur eine Woche nach der Beisetzung erschien es auf Italienisch, seit dieser Woche ist »Nichts als die Wahrheit« auch auf Deutsch auf dem Markt. Durch die unmittelbare Ankündigung sei in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden, »dass ich diesen Umstand nutze, um Werbung zu machen für das Buch - das hat mich beschämt«, sagte der gebürtige Schwarzwälder. Ihm sei dann aber gesagt worden: »Die Medien hätten ihre eigenen Gesetze. Ein Eingreifen meinerseits stellte sich als unrealistisch heraus. Ich wollte nicht, dass das Buch sofort nach dem Tod erscheint, sondern erst nach einer bestimmten Zeit danach, mit etwas Abstand. Aber der Zug war bereits abgefahren.«

Ziel seines Buches sei es, »schlichtweg Benedikt so darzustellen, wie er war«, sagte Gänswein der dpa - »weil eben eine ganze Reihe von Zerrbildern über Papst Benedikt herumgeistern, vor allem in seinem Heimatland«. Er wolle größtenteils unbegründete Stereotypen ausräumen, seine Stimme erheben und seine Sicht zeigen, sagte Gänswein und betonte: »Ich bin das dem Ansehen und dem Andenken von Papst Benedikt schuldig.«

Der frühere Kardinal Joseph Ratzinger war als Präfekt der Glaubenskongregation und auch später als Papst nicht unumstritten. Vor allem seine Rolle im Umgang mit dem Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche wird von seinen Anhängern und Kritikern kontrovers diskutiert.

Erst im Februar war ein Schriftwechsel zu dem verurteilten Wiederholungstäter Priester H. bekannt geworden. Darin erteilte Ratzinger 1986 als Chef der Glaubenskongregation dem Skandalpriester in einem von ihm selbst unterschriebenen Brief die Erlaubnis, die Heilige Messe mit Traubensaft statt mit Wein zu feiern.

Das Erzbistum München und Freising hatte zuvor um diese Sondererlaubnis gebeten und die Bitte damit begründet, dass der Priester unter Alkoholeinfluss Straftaten nach den Paragrafen 174, 176 und 184 des Strafgesetzbuches (StGB) begangen habe. Die Paragrafen behandeln sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen, sexuellen Missbrauch von Kindern und die Verbreitung pornografischer Inhalte.

Der Brief sei bekannt und enthalte »nichts Neues«, sagte Gänswein nun im dpa-Interview. Benedikt habe den Brief zwar unterschrieben, für die inhaltliche Bearbeitung aber sei ein »Sachbearbeiter« zuständig gewesen, der eine entsprechende »Tischvorlage« erstellt habe. »Die Tischvorlage diente als Grundlage zur abschließenden Bearbeitung. Der Antwortbrief an den Bischof wurde dann vom Präfekten selbst unterschrieben«, sagte Gänswein. »Die Behauptung, dass beim damaligen Kardinalpräfekten die Alarmglocken hätten läuten müssen, ist eine unbegründete Unterstellung.«

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© dpa-infocom, dpa:230310-99-898905/2