Logo
Aktuell Auszeichnung

Focus Open: Waffen, Teller und Seilbahnen erhalten Design Preis

Die verschiedensten Dinge erhalten den in Stuttgart präsentierten Designpreis Focus Open

Auch ein Gewehr wurde ausgezeichnet. Es ist für Jäger.  FOTO: TEC TARGET SCHNEIDER
Auch ein Gewehr wurde ausgezeichnet. Es ist für Jäger. FOTO: TEC TARGET SCHNEIDER
Auch ein Gewehr wurde ausgezeichnet. Es ist für Jäger. FOTO: TEC TARGET SCHNEIDER

STUTTGART. Sollte es weiterhin nicht so rasch vorangehen mit dem Aufstellen von Windkraftanlagen – an den Designern hierzulande liegt es nicht. Die Firma Wiha Werkzeuge aus Schonach im Schwarzwald beispielsweise hat ihre Gestaltungsexperten beauftragt, einen Rucksack zu entwerfen. Der ist so stabil, dass er auch auf der Plattform eines Windrads standhaft bleibt, Platz für Werkzeuge und Laptop bietet und der Arbeitende nicht einmal seine Handschuhe ausziehen muss, um den Griff am Rucksack festzuhalten.

Für die durchdachte »Funktionalität, also Bestückung und Zugriff, die Ergonomie und die Langlebigkeit sowie den Schutz der teils empfindlichen Tools«, so lautet das Jury-Lob des Internationalen Designpreises Baden-Württemberg Focus Open 2023, gab es einen von zehn Preisen in Silber.

Ergonomisch verbesserte Waffe

Unter den 44 siegreichen Objekten ist auch ein Gewehr. Darf man eine Waffe auszeichnen? Diese Frage sei in der Jury ausgiebig diskutiert worden, sagt die Direktorin des Design-Centers Baden-Württemberg, Christiane Nicolaus, beim Rundgang im Haus der Wirtschaft in Stuttgart, wo die Siegerprodukte im Ferdinand-von-Steinbeis-Saal ausgestellt sind.

»Tau« heißt der Hocker.  FOTO: POZSGAI
»Tau« heißt der Hocker. FOTO: POZSGAI
»Tau« heißt der Hocker. FOTO: POZSGAI

Die Frage sei ganz klar mit Ja beantwortet worden, so Christiane Nicolaus. Sogar eine von zehn Gold-Prämierung hat es für das Jagdgewehr der Firma Tec Target Schneider aus Dietingen im Landkreis Rottweil gegeben. Und das nicht nur der Optik wegen. Das Gewehr für Jägerinnen und Jäger, um die Wildtierpopulationen zu regulieren, Tierseuchen einzudämmen oder Naturschutz-Ziele zu erreichen, sei unter ergonomischen Aspekten verbessert worden.

Langläufige Jagdgewehre seien auf dem Hochstand schwer zu halten, Fehlschüsse nicht selten, die Selbstverletzungsgefahr nicht zu unterschätzen. »Ausschlaggebend waren die klar erkennbaren funktionalen Verbesserungen, das reduzierte Unfallrisiko für die Nutzenden, die bessere Treffsicherheit«, lautet das Jurylob. Zudem sei die Firma ein Kleinunternehmen, das mit dieser Innovation auch ein wirtschaftliches Risiko eingegangen sei.

Die Schlafbrille von Gemtec integriert Sensoren samt Elektronik.  FOTO: GEMTEC
Die Schlafbrille von Gemtec integriert Sensoren samt Elektronik. FOTO: GEMTEC
Die Schlafbrille von Gemtec integriert Sensoren samt Elektronik. FOTO: GEMTEC

Wichtige Kriterien für die Jury waren in allen Kategorien neben dem Mut zur Innovation auch Themen wie Ökologie, Langlebigkeit, Originalität. Besteck, das wenig Material verbraucht, wurde prämiert und eine Seilbahn, die barrierefrei ist und dank Aluminiumaufbau leicht und, so die Jury »für maximale Flexibilität ausgelegt« ist, hat es unter die Gewinner geschafft. Außerdem ein Längsrasenfugenstein, der Platz fürs Grün integrieren und Bodenversiegelung verhindern helfen kann. Ebenso unter den Gewinnern ist Hightech-Werkzeug und medizinisches Gerät wie eine Schlafbrille einer Firma aus Schorndorf, die Diagnosen und die Therapie von Schlafstörungen erleichtert.

Langlebig und wiederverwertbar

Den Innovativpreis Focus Meta erhielt die Firma Vaude, die klimaneutral arbeitet und umso mehr bemüht ist, Produkte recyclingfähig zu entwerfen. Bei Rucksäcken mit ihren diversen Materialien ist das bisher nicht möglich – nun aber haben die Outdoorexperten einen Rucksack entwickelt, der aus nur einem Material besteht und somit wiederverwertet werden kann. Bisher ist es nur ein Prototyp, man würde dem auch optisch ansprechenden Produkt wünschen, dass es in Serie geht.

Neben großen Firmen wie Vaude und Grohe (die einen Armaturen-Klassiker neu interpretiert hat) reüssierten auch kleine Betriebe wie die Pozsgai Möbelschreinerei aus Heitersheim im Breisgau-Hochschwarzwald. Zwar ist, könnte man meinen, mit dem Ulmer Hocker von Max Bill bereits sei den 1960ern ein vielfach nutzbarer Klassiker auf dem Markt, der sowohl Hocker, Tisch, Leiter und Buchtrageprodukt ist. Doch der Charme des handwerklich liebevoll gemachten Hockers »Tau« hat die Jury überzeugt.

Der Rucksack von Wiha Werkzeuge aus Schonach. Der Griff ist so konzipiert, dass man ihn mit Handschuhen gut greifen kann.  FOTO:
Der Rucksack von Wiha Werkzeuge aus Schonach. Der Griff ist so konzipiert, dass man ihn mit Handschuhen gut greifen kann. FOTO: WIHA WERKZEUGE
Der Rucksack von Wiha Werkzeuge aus Schonach. Der Griff ist so konzipiert, dass man ihn mit Handschuhen gut greifen kann. FOTO: WIHA WERKZEUGE

Da Menschen heute gern Schönes im Internet bestellen, hat der Hocker den Vorteil, dass er in einem schmalen kleinen Paket auf die Reise gehen kann. Die vier Füße und die Sitzfläche nehmen wenig Platz ein. Und – klug und gut aussehend – für die Fixierung und Aussteifung sorgt ein Polypropylen-Seil: in sich verdrillt, verspannt es die Beine gegeneinander und verhindert so deren Herausfallen. Dadurch ist der Hocker werkzeugfrei montierbar und sehr, sehr stabil.

Lob der Vielseitigkeit

Das Jurylob: »Ein durch die Verschnürung genial simples Produkt, handwerklich gedacht und konzipiert, extrem modern und in sich wunderbar stimmig. Mit seiner Vielseitigkeit ist der Hocker eine Art Gegenentwurf zu den vielen spezialisierten Produkten, die uns angeboten werden.«

Auch wenn nicht alle prämierten Produkte überzeugen (stapelbare Plastikstühle etwa sind nun durchaus schon viele auf dem Markt, sogar recycelbare); dennoch gilt, was Christiane Nicolaus über gutes Design sagt: Es sei »nicht Nice-to-Have«, sondern ein Muss. Die Siegerdesigns sind noch bis zum 24. Januar in Stuttgart zu bestaunen. (GEA)

AUSSTELLUNGSINFO

Die Auszeichnungen des Internationalen Designpreises Baden-Württemberg Focus Open 2023 und die prämierten Arbeiten des Mia-Seeger-Preises sind bis zum 26. Januar im Haus der Wirtschaft Baden-Württemberg in Stuttgart zu sehen. Geöffnet ist montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr. Öffentliche Führungen gibt es am 16. November, 7. Dezember und 18. Januar jeweils von 18 bis 19.30 Uhr. (GEA) www.design-center.de