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Fischadler auf dem Weg in den Süden

Hoffnung auf Rückkehr ins Brutgebiet im Frühjahr und weitere Greifvogelpaare in naher Zukunft

Greifvögel in ihrem Horst: In diesem Jahr gab es die erste nachweislich erfolgreiche Fisch-adlerbrut in Baden-Württemberg seit
Greifvögel in ihrem Horst: In diesem Jahr gab es die erste nachweislich erfolgreiche Fisch-adlerbrut in Baden-Württemberg seit 1907. FOTO: NABU/SCHMIDT-ROTHMUND
Greifvögel in ihrem Horst: In diesem Jahr gab es die erste nachweislich erfolgreiche Fisch-adlerbrut in Baden-Württemberg seit 1907. FOTO: NABU/SCHMIDT-ROTHMUND

MÖSSINGEN/RASTATT. Baden-Württembergs einzige Fischadler-Familie hat ihren Langstreckenflug von der badischen Oberrheinebene ins westliche Afrika angetreten. Die vier reisen nicht im Familienverbund, sondern sind einzeln unterwegs. Dabei sind Tagesetappen von bis zu 500 Kilometern keine Seltenheit.

»Die rund 5.000 Kilometer lange Reise ist kein Urlaubsflug, sondern kräftezehrend und voller Gefahren«, berichtet Daniel Schmidt-Rothmund. Der Leiter des NABU-Vogelschutzzentrums Mössingen setzt sich seit Jahrzehnten für die Rückkehr der imposanten Greifvögel ein.

»Wenn alles glattläuft, kommen sie im Oktober südlich der Sahara an. Und dann heißt es Daumendrücken, dass sie wohlbehalten über den Winter kommen, den Rückflug gut überstehen und wir sie spätestens Mitte April wieder hier im Brutgebiet willkommen heißen können.«

Flug- und Jagdfähigkeit trainiert

Der Verbund der Fischadler-Familie, der ersten in Baden-Württemberg seit 1907, hat sich in den letzten Wochen langsam aufgelöst. Mit dem Abflug haben sie sich Zeit gelassen: Während Fischadler (Pandion haliaetus) aus anderen Bundesländern bereits im August gen Südwesten aufgebrochen sind, haben Balbü und Kju sich noch die Fische am Oberrhein schmecken lassen, ihre Flug- und Jagdfähigkeiten trainiert. »Immer wieder war ein Jungvogel am Nest zu sehen, manchmal auch beide, berichtet Schmidt-Rothmund. Fischadler ziehen einzeln, kennen instinktiv Reiseziel und -route. Auch im Winterquartier leben sie allein. Zuerst wagt die Vogelmutter den Abflug, gefolgt vom Nachwuchs, der Vater hält am längsten die Stellung. «Vermutlich bewacht das Männchen seinen Horst und zeigt anderen durchziehenden Fischadlern, dass hier im nächsten Frühjahr kein Platz ist.

Wenn alles gut geht, treffen sich die Elternvögel Ende März, Mitte April wieder am oberrheinischen Horst, den Schmidt-Rothmund vor zwei Jahren dort im Landkreis Rastatt installiert hat. Das bekommt der Ornithologe spätestens dann mit, wenn die Wildtierkamera an der Nisthilfe entsprechende Bilder liefert.

»Bis dahin können, sowohl im Winterquartier als auch auf dem Zug, gut und gerne 1.000 Kilometer zwischen ihnen liegen«, berichtet er. »Die Jungvögel vagabundieren zwei bis drei Jahre herum, bevor sie sesshaft werden.« Die Chancen für eine Rückkehr der Altvögel stehen sehr gut, Schmidt-Rothmund schätzt die Wahrscheinlichkeit auf über 90 Prozent. Auch Kju, das junge Männchen, wird sich sehr wahrscheinlich nach seiner Sturm- und Drangphase am Oberrhein niederlassen. Das Weibchen Balbü wird vermutlich eine neue Heimat suchen. Mit diesem Abstand zwischen den Geschwistern sorgt die Natur für den nötigen genetischen Austausch. In seinem Einsatz für die Fischadler will der Leiter des Vogelschutzzentrums künftig nicht nachlassen: So plant er etwa neue Nisthilfen zu bauen, vorhandene zu sanieren und weitere Wildtierkameras aufzuhängen. »In zehn Jahren wird es zwei bis drei Fischadlerpaare in Baden-Württemberg geben«, ist Schmidt-Rothmunds Prognose. (eg)