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Fährt die Gäubahn ins Ammertal?

Bald könnten Intercity-Züge aus dem Süden über Tübingen und Reutlingen nach Stuttgart fahren

Noch steht nicht fest, wie der IC in Zukunft fahren wird.  FOTO: STEIN/DPA
Noch steht nicht fest, wie der IC in Zukunft fahren wird. FOTO: STEIN/DPA
Noch steht nicht fest, wie der IC in Zukunft fahren wird. FOTO: STEIN/DPA

STUTTGART. Die Diskussion um die geplante Unterbrechung der Gäubahnstrecke in Stuttgart ein halbes Jahr vor Inbetriebnahme von Stuttgart 21 nimmt durch Gutachten im Auftrag der Anliegergemeinden neue Fahrt auf. Der Interessenverband Gäu-Neckar-Bodensee-Bahn will heute die Expertisen vorstellen.

Die in dem Verband zusammengeschlossenen Kommunen und Institutionen haben Positionen der Deutschen Bahn und der Stadt Stuttgart gutachterlich überprüfen lassen, wonach ein Weiterbetrieb der Strecke zum einen nur mit hohem Aufwand und entsprechenden Investitionen zu haben sei und zum andern den städtebaulichen Ambitionen der Stadt entgegenstehe. Die Landeshauptstadt will alsbald auf den erworbenen Gleisflächen den neuen Stadtteil Rosenstein entstehen lassen. Die Gutachten bestätigen diese Sichtweise im Kern.

Klage gegen Kappung

Derzeit ist geplant, die Gäubahnstrecke ein halbes Jahr vor Inbetriebnahme von Stuttgart 21 zwischen dem Nord- und dem Hauptbahnhof zu kappen, um dort die neue S-Bahnführung einzurichten. Die Züge der Gäubahn sollen in der weiteren Zukunft einmal über den Stuttgarter Flughafen geführt werden. Dazu soll der gut elf Kilometer lange Pfaffensteigtunnel gebaut werden. Bis der in Betreib geht – die Bahn sagt das für das Jahr 2032 voraus – sollen Fahrgäste der Gäubahn in Stuttgart-Vaihingen auf die S- und die Stadtbahn umsteigen. Die Deutsche Umwelthilfe klagt gegen diese Pläne.

Michael Theurer (FDP), Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Schienenbeauftragter des Bundes und als Horber ein Kenner der Gäubahn-Misere, will die neuen Gutachten noch nicht bewerten. Ihm ist der Hinweis wichtig, dass die zwischenzeitlich drohende dauerhafte Streichung der Fernverkehrshalte in Singen und Böblingen vom Tisch seien. Das habe ein weiteres Gutachten der Bahn ergeben, das auf seine Initiative hin entstanden sei.

»Die positive Botschaft ist, dass mit überschaubarem Aufwand die infrastrukturellen Voraussetzungen dafür geschaffen werden können, dass auch in Zukunft sowohl in Böblingen wie auch in Singen der Intercity hält. Die Regionen behalten also ihren Fernverkehrsanschluss«, sagt Theurer. In der Übergangszeit, zwischen der Kappung der Strecke und der Eröffnung der neuen Streckenführung via Flughafen, werde es zu Einschränkungen kommen. »Da bitte ich um Verständnis und auch um Entschuldigung, weil das für viele im Berufsverkehr und im Fern- und Freizeitverkehr mit Einschränkungen verbunden ist.«

Theurer will aber noch nicht die Flinte ins Korn werfen und zumindest für den Fernverkehr nach neuen Lösungen suchen. Zwischenzeitliche Überlegungen, die Züge via Renningen oder Tübingen umzuleiten, waren verworfen worden. »Aber ich gebe nicht auf und bin im Gespräch mit den Experten, dass in der Übergangszeit stündlich oder wenigstens zweistündlich ein Fernverkehrszug aus Zürich in den Tiefbahnhof kommt, und glaube immer noch, dass das möglich ist.«

Dabei rückt die Ammertalbahn in den Fokus. Über sie könnten Gäubahnzüge nach einer Wende in Herrenberg via Tübingen und Reutlingen in den Durchgangsbahnhof in Stuttgart fahren. Die Ammertalbahn ist im Gegensatz zur direkten Verbindung Tübingen-Horb, das an der Gäubahn liegt, elektrifiziert und in Abschnitten zweigleisig ausgebaut. Allerdings müssten in Herrenberg die Verbindungen von den Gäubahngleisen zur Ammertalbahn auf Vordermann gebracht werden. Die Wende und auch der deutlich weitere Weg würden die Fahrzeiten nochmals verlängern.

Grüne pochen auf Gutachten

Das Landesverkehrsministerium von Winfried Hermann (Grüne) unterstützte die Gutachten der Anrainerkommunen mit einem Betrag von rund 20.000 Euro und erkennt in den Ergebnissen nun »beachtliche Aspekte, die aus unserer Sicht die Sinnhaftigkeit eines Weiterbetriebs der alten Gleise bis zum Hauptbahnhof für einen Interimszeitraum infrage stellen, den man gegen die Fahrgastbelange abwägen muss«. Die Fachleute von Hermann verweisen auf die von den Gutachtern identifizierten Hürden. »Für den Weiterbetrieb wäre ein ganz erheblicher Aufwand zu betreiben, sowohl in zeitlicher als auch in finanzieller Hinsicht. Dies würde nicht ohne Unterbrechung und nur mit eingeschränktem Betrieb funktionieren, weil die alte Leit- und Sicherungstechnik nicht weiter betrieben werden kann.« Es sei im Sinne der Fahrgäste, nun »stärker andere Ansätze für machbare Verbesserungen, insbesondere eine Verlängerung der S-Bahn nach Süden bis Horb beziehungsweise Rottweil in den Fokus zu rücken«. (GEA)