Nach einem Angriff auf einen Kandidaten der Grünen für die Kommunalwahl in Baden-Württemberg geht die Polizei von einem politischen Hintergrund aus. Die Kandidatur des Mannes sei erst wenige Tage vor der Tat kommuniziert worden. Der Mann habe angegeben, dass sich die Beleidigungen auf sein Partei-Engagement bezogen hätten, sagte der Ravensburger Polizeipräsident Uwe Stürmer der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. »Wir gehen davon aus, dass die Tat einen politischen Hintergrund hat«, sagte er.
Der 37-Jährige war am Dienstagabend im baden-württembergischen Amtzell (Kreis Ravensburg) von einem 57 Jahre alten Mann zunächst beleidigt und dann geschlagen worden, wie ein Polizeisprecher am Samstag mitteilte. Der Staatsschutz habe die Ermittlungen übernommen. Dieser dauerten noch an. Zuvor hatten die »Schwäbische Zeitung« und der »Südwestrundfunk« (SWR) berichtet.
Die Parteiführung der Grünen im Südwesten äußerte sich erschüttert über den Vorfall. Man sei in Kontakt mit dem Kandidaten, dessen Schilderungen machten betroffen, sagte Co-Landeschef Pascal Haggenmüller am Samstag. »Der Vorfall ist ungeheuerlich und zeigt einmal mehr: Aus Worten werden Taten.« Co-Chefin Lena Schwelling betonte, dass in der Politik gestritten werden dürfe - in der Sache auch hart. »Aber Einschüchterung und Gewalt sind kein Mittel der politischen Auseinandersetzung und dürfen von Demokratinnen und Demokraten niemals geduldet werden«, sagte Schwelling.
Die Grünen werden in letzter Zeit immer häufiger angefeindet. Beim politischen Aschermittwoch in Schorndorf wurde die Bundesvorsitzende Ricarda Lang ausgepfiffen, heftig beschimpft und an der Abreise gehindert. Zuvor war beim politischen Aschermittwoch der Landespartei in Biberach eine Demonstration so eskaliert, dass mehrere Polizeibeamte verletzt wurden. Die Partei sagte daraufhin ihre geplante Veranstaltung mit Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, Ministerpräsident Winfried Kretschmann und weiteren prominenten Parteimitgliedern kurzfristig wegen Sicherheitsbedenken ab.
Erst vor wenigen Tagen hatten die Grünen angekündigt, ihre Mitglieder mit Blick auf den Kommunalwahlkampf in Deeskalation schulen zu wollen. »Wenn es zu unsicheren Momenten kommt, sollen unsere Mitglieder ganz genau wissen, wie sie deeskalierend wirken können«, hatte Co-Landeschef Pascal Haggenmüller am Donnerstag bei der Vorstellung der Kommunalwahlkampagne der Partei in Stuttgart gesagt. Man biete bereits seit Ende vergangenen Jahres Deeskalationstrainings an. Die Rückmeldungen seien positiv. »Wir werden diese Reihe nochmal auflegen wegen des großen Bedarfs«, sagte Haggenmüller.
Das sei notwendig, damit sich die Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer in schwierigen Situationen zu helfen wüssten. »Wenn wir das nicht machen würden, hätten die Leute Angst, Gesicht zu zeigen. Das darf in einer Demokratie nicht passieren«, so Haggenmüller.
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