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Eritreer-Treffen in Stuttgart nach Krawallen abgesagt

Der Krawall-Samstag rund um ein Eritrea-Treffen mit vielen verletzten Polizeikräften schockierte die Öffentlichkeit. Nun ist klar: Die nächste geplante Veranstaltung findet nicht statt - »im Interesse der öffentlichen Sicherheit«.

Nach den massiven Ausschreitungen am Rande einer Eritrea-Veranstaltung in Stuttgart soll das geplante nächste Treffen dieser Art nicht stattfinden. Wie die Stadt Stuttgart am Mittwochabend mitteilte, habe man den Mietvertrag für die Versammlungshalle mit dem Verband der eritreischen Vereine in Stuttgart und Umgebung »im gegenseitigen Einvernehmen« aufgehoben. Eigentlich hätten am Samstag in Zuffenhausen Mitglieder von Eritrea-Vereinen zusammenkommen wollen. Der Druck auf die Stadt war nach den Krawallen am Wochenende gewachsen. Oppositionsparteien hatten gefordert, ein Verbot der Veranstaltung zu prüfen.

Die Entscheidung sei nun im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gefallen, teilte die Stadt mit. Ordnungsbürgermeister Clemens Maier habe mit den Verantwortlichen des Verbandes intensive Gespräche geführt.

»Wir haben das nur getan, um der Sorge der Bürgerinnen und Bürger und und Öffentlichkeit mehr Rechnung zu tragen«, sagte Yohannes Russom vom Dachverband der eritreischen Vereine in Stuttgart der Deutschen Presse-Agentur am Mittwochabend. Es handle sich aber nicht um eine Kapitulation vor der Gewalt, die Absage solle kein falsches Signal senden. Man werde weiterhin Veranstaltungen in Stuttgart durchführen und man wolle künftig wieder Räume bei der Stadt mieten. Das Treffen am Samstag sei nur verschoben - »auf unbestimmte Zeit«, sagte Russom. Man wolle zur Deeskalation der Lage beitragen.

Am vergangenen Samstag hatte die Polizei eine Veranstaltung der Eritreer-Vereine - nach Angaben der Polizei ein politisches Seminar - gegen heftig randalierende Demonstranten verteidigt. Gegner der Veranstaltung griffen Teilnehmer und vor allem Polizeibeamte mit Latten, Stangen, Steinen und Flaschen an. Dabei wurden 31 Polizisten verletzt. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) sprach danach von einem »wütenden, gewaltbereiten und bewaffneten Mob«. Gegen 228 zwischenzeitlich festgenommene mutmaßliche Demonstranten wird unter anderem wegen schweren Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung ermittelt.

Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) begrüßte die Aufhebung des Mietvertrags. Er forderte erneut eine harte und schnelle Bestrafung der Gewalttäter – gegebenenfalls im beschleunigten Verfahren. Sonst setze man das Vertrauen weiter Teile der Bevölkerung in die Funktionsfähigkeit des Rechtsstaats aufs Spiel. Das Land müsse sich zudem für eine Abschiebung von Straftätern nach Eritrea einsetzen. »Es müsse klargemacht werden: Wer solche Gewalttaten begeht, muss auch jederzeit mit seiner Abschiebung rechnen.«

Der stellvertretende Stuttgarter Polizeipräsident Carsten Höfler kündigte an, die Polizei wolle am Wochenende besonders aufmerksam sein. »Wir können nur hoffen, dass die Aufhebung Wirkung zeigt und alle erreicht, die geplant hatten, am Wochenende erneut nach Stuttgart zu reisen«, sagte Höfler. Die Polizei werde Kräfte im Einsatz und in Bereitschaft haben, um bei Anreise möglicher Störer reagieren zu können. »Ich stehe dazu: Szenen wie am vergangenen Samstag dürfen sich in Stuttgart nicht wiederholen!«

Auch der Stuttgarter FDP-Landtagsabgeordnete Friedrich Haag begrüßte die Entscheidung. »Sollte es für die nächsten Wochen weitere Mietverträge zwischen der Stadt Stuttgart und dem Verband der eritreischen Vereine geben, müssen diese ebenso aufgelöst werden«, teilte er mit. »Die Sicherheit aller in unserer Stadt muss an oberster Stelle stehen.«

Eritrea gehört zu den ärmsten Ländern der Welt und gilt als eine der brutalsten Diktaturen. Es gibt dort nur eine Partei, Opposition ist verboten. Weder gibt es eine Verfassung noch Gewaltenteilung noch Wahlen. Wegen politischer Verfolgung und der Menschenrechtslage sind Abschiebungen nach Eritrea aktuell nicht möglich, wie das Justizministerium in Stuttgart mitteilt.

Nach Angaben der Ausländerzentralregister-Statistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) waren zum 31. Juli für den Südwesten insgesamt 9024 eritreische Staatsangehörige erfasst. Die meisten leben laut Statistischem Landesamt in der Landeshauptstadt (etwa 900), gefolgt von den Landkreisen Esslingen (ungefähr 470) und dem Rhein-Neckar-Kreis (rund 400).

© dpa-infocom, dpa:230920-99-269218/6