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»Eine Riesenchance« Kretschmann setzt auf grünen Wasserstoff

Bis 2040 will Baden-Württemberg klimaneutral werden. Weil aber nicht alles mit grünem Strom zu betreiben ist, braucht es aus Sicht der Landesregierung grünen Wasserstoff. Warum und wie der ins Land kommen soll, hat der Ministerpräsident im Landtag erklärt.

Wasserstoff Tankstelle
Eine Tankstelle für Wasserstoff. Im Landtag wollen die Abgeordneten über die Zukunfts-Energie Wasserstoff debattieren. Foto: Bernd Weißbrod/DPA
Eine Tankstelle für Wasserstoff. Im Landtag wollen die Abgeordneten über die Zukunfts-Energie Wasserstoff debattieren.
Foto: Bernd Weißbrod/DPA

Um Baden-Württemberg bis 2040 klimaneutral zu machen, setzt Baden-Württemberg nicht nur auf Energieeinsparungen und den Ausbau von erneuerbaren Energien, sondern auch auf grünen Wasserstoff. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hält die Versorgung des Landes mit Wasserstoff für unverzichtbar, um das Klimaziel zu erreichen. »Ohne grünen Wasserstoff keine Klimaneutralität«, sagte Kretschmann am Donnerstag bei einer Regierungserklärung im Landtag in Stuttgart.

Das Potenzial des Energieträgers sei gewaltig, sagte Kretschmann. »Er ist ein echter Alleskönner.« Mit Wasserstoff könne man Motoren und Kraftwerke betreiben, Stahl produzieren oder fossile Rohstoffe ersetzen, etwa in Kunststoffen, Medikamenten oder Düngemitteln.

Für die baden-württembergische Wirtschaft sei der Aufbau der Wasserstoffversorgung »eine Riesenchance«: »Unsere Wirtschaft kann als technischer Ausrüster von dem Hochlauf des grünen Wasserstoffs profitieren. Sie kann zu einem der führenden Exporteure von Wasserstofftechnik werden«, sagte Kretschmann.

Schon heute seien Unternehmen in Baden-Württemberg »weltweite Technologieführer auf dem Feld der Wasserstofftechnologie«, sagte Kretschmann. Rund 90 Unternehmen seien auf dem Feld tätig, zudem gebe es 18 universitäre und außeruniversitäre Einrichtungen. »Unsere Ausgangsposition ist ausgezeichnet.« Die Landesregierung wolle deswegen die Schlüsseltechnologie gezielt besetzen und möglichst viele neue Arbeitsplätze schaffen.

Noch wird Wasserstoff wenig verwendet, es fehlt die notwendige Infrastruktur. »Sobald die Pipelines stehen, werden wir den grünen Wasserstoff in großen Mengen importieren, weil er anderswo günstiger produziert werden wird als bei uns«, sagte Kretschmann Es brauche ein örtliches, regionales, nationales und internationales Wasserstoffnetz. Die Dimension sei vergleichbar mit der Schiffbarmachung des Neckars oder dem Bau der ersten Eisenbahnstrecken.

Entscheidend sei aber auch, sich nicht wieder - wie beim russischen Gas - von einem Lieferanten abhängig zu machen. »Daher streben wir eine Wasserstoffversorgung aus allen vier Himmelsrichtungen an, aus dem Norden, dem Westen, dem Süden und dem Osten«, sagte Kretschmann.

Die Opposition forderte konkrete Maßnahmen. SPD-Fraktionschef Andreas Stoch begrüßte die ambitionierten Ziele der Landesregierung. »Sie haben schon manches ambitionierte grüne Ziel ausgegeben. Aber dann haben Sie sich zurückgelehnt und gehofft, dass die Ziele von alleine zu Ihnen kommen«, sagte Stoch. Die Regierung müsse ihren richtigen Worten auch richtige Taten folgen lassen - und dürfe das Thema Wasserstoff »nicht verstolpern wie bisher die Windkraft«.

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke warf Kretschmann vor, verengt zu sein. »Sie sind nicht hinreichend technologieoffen«, sagte Rülke. Es brauche nicht nur eine Fokussierung auf grünen Wasserstoff, also solchen, der mithilfe von Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt wird. Es müssten alle Herstellungsarten von Wasserstoff zugelassen werden - explizit auch mithilfe Stroms aus Kernkraft.

Die AfD kritisierte, dass die Technologie noch nicht ausgereift sei. »Wasserstoff ist noch Jahrzehnte von der Anwendung entfernt«, sagte Fraktionschef Anton Baron. Zugleich würden im Land »die sichersten und zuverlässigsten Kernkraftwerke« abgebaut.

Die Chemie-Industrie im Land nannte den Ausbau der Wasserstoff-Infrastruktur »richtig und wichtig«. Entscheidend sei, dass das Land die Bedarfe der Industrie dabei berücksichtige. Zudem müsse der Umstieg auf Wasserstoff für die Unternehmen bezahlbar sein.

Wasserstoff gilt als Energieträger der Zukunft. Bei seiner Nutzung entstehen keine Treibhausgase. Doch muss zur Herstellung mit großem Energieaufwand Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten werden. Wird für die sogenannte Elektrolyse Strom aus erneuerbaren Energien verwendet, gilt der Wasserstoff als grün und CO2-frei.

© dpa-infocom, dpa:230629-99-225916/3