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Aktuell Coronakrise

Eine Branche in den Startlöchern

Die Gastronomie-Branche leidet enorm unter den Einschränkungen und hofft auf Lockerungen

Es ist angerichtet: Die Tische sind vorbereitet, aber das rot-weiße Absperrband, hier in Metzingen, signalisiert: Hier geht nich
Es ist angerichtet: Die Tische sind vorbereitet, aber das rot-weiße Absperrband, hier in Metzingen, signalisiert: Hier geht nichts. FOTO: WEBER
Es ist angerichtet: Die Tische sind vorbereitet, aber das rot-weiße Absperrband, hier in Metzingen, signalisiert: Hier geht nichts. FOTO: WEBER

REUTLINGEN/STUTTGART. Die Sonne scheint, die Tische im Biergarten sind blitzblank. Aber die Plätze sind leer. Auch im Innen-Gastraum ist alles gewienert. Aber auch hier sind die Bänke leer. Kein einziger Gast. Die Gastronomie-Branche leidet wie kaum eine andere in der Coronakrise. Die Wirtshäuser, Restaurants und Hotels waren die Ersten, die wegen der Pandemie schließen mussten. Und sie werden die Letzten sein, die ihre Türen wieder öffnen dürfen.

Viele Betriebe werden aber auch nach Ende der Krise oder nach Ende des totalen Shutdowns in der Gastro-Branche, nicht mehr aufsperren. Eine Pleitewelle wird befürchtet. Kein Wunder, seit Wochen sind die Einnahmen praktisch gleich null. »Die Lage in der Branche ist sehr angespannt«, sagt der Landes-Vorsitzende des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Fritz Engelhardt aus Pfullingen. »Die Kollegen sind sehr enttäuscht. Sie fühlen sich von der Politik vergessen«, sagt Engelhardt. Für viele Branchen hatte es nach dem Spitzentreffen von Kanzlerin und Ministerpräsidenten Erleichterungen gegeben. Nicht aber für die Gastronomie.

Natürlich übernehme auch seine Branche Verantwortung, sagt Engelhardt gegenüber dem GEA. Alle Maßnahmen der Regierung würden mitgetragen, schließlich stehe in dieser schweren Krise die Gesundheit der Menschen im Vordergrund. »Aber dennoch: Wir hätten gerne eine Perspektive für unsere Unternehmen, für unsere Mitarbeiter. Einen Fahrplan, um eine Vorstellung zu haben, wann wir damit rechnen können, unsere Betriebe wieder hochzufahren.«

Nach Auffassung Engelhardts sei es kein Problem, Restaurants und Gaststätten in etwas reduzierter, Corona-gemäßer Form wieder zu öffnen. »Wir haben ein Papier mit Empfehlungen ausgearbeitet, das wir all’ unseren Mitgliedsbetrieben haben zukommen lassen«, erklärt der Pfullinger Hotelier. Es sei überhaupt kein Problem, Tisch-Abstände von 1,50 Metern einzuhalten, »außerdem beginnt jetzt die Biergarten-Saison. Da ist es noch viel unproblematischer, die nötigen Abstände zu wahren«.

Auch Zutrittsbeschränkungen zu den Lokalen seien denkbar. Gäste warten an der Tür, bis sie vom Service-Mitarbeiter abgeholt werden und einen bestimmten Tisch zugewiesen bekämen. Witziger Nebeneffekt: Auch DDR-Nostalgiker kämen dabei auf ihre Kosten. Außerdem könnte – wie in Lokalen in Italien – ein Bezahlpunkt eingerichtet werden, an dem vornehmlich kontaktlos die Zeche beglichen werden könnte.

»Sie sehen«, sagt Engelhardt, »wir sind vorbereitet, von uns aus könnte es morgen losgehen«. Er räumt ein, dass mit diesen Maßgaben bei Weitem nicht die Umsätze erzielt werden könnten wie zu normalen Zeiten. Aber immerhin wäre es ein Zeichen an die Gastwirte, wie es weitergehen könnte. Engelhardt ist freilich skeptisch: »Ich glaube, die Politik traut uns das nicht zu, dass wir uns an die Maßgaben, die wir uns selbst erteilt haben, auch halten. Vielleicht hat die Politik Angst, dass es einen Run gibt, wenn die Lokale wieder aufmachen und die Menschen nach Wochen der Enthaltsamkeit nun die Gaststätten stürmen«, mutmaßt Engelhardt. Er ergänzt: »Sehen Sie, was am Wochenende zurzeit in den Baumärkten los ist? Ich sag Ihnen, das kriegen wir besser hin. Wir sind vorbereitet.«

Einer von jenen, die hoffen, dass es möglichst schnell wieder weitergeht, ist Sterne-Koch Gerd Windhösel aus dem Sonnenbühler Hirsch. »Das bisschen Außer-Haus-Geschäft, das derzeit läuft, ist zwar ganz nett. Finanziell lohnenswert aber ist es nicht. Es ist eher so psychologisches Moment. Es gibt einem das Gefühl, man stemmt sich gegen die Krise.«

Seine Frau Silke hat auch einen positiven Aspekt in dem ganzen Dilemma ausgemacht. »Zu uns kommen Leute aus Erpfingen, die davor nicht in den Hirsch gekommen sind. Nur um eine Kleinigkeit, eine Suppe oder so, aus unserem to-go-Angebot mitzunehmen. Einfach, um zu zeigen, dass sie uns unterstützen wollen. Das ist ein unglaublich schöner Akt der Solidarität in diesen schwierigen Zeiten. Das gibt uns wirklich sehr viel Kraft, um durchzuhalten, bis es hoffentlich bald endlich wieder weitergeht«. (GEA)

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Gerd Windhösel hofft, schon bald wieder Gäste im Hirsch in Erpfingen begrüßen zu  können.  FOTO: NIETHAMMER
Gerd Windhösel hofft, schon bald wieder Gäste im Hirsch in Erpfingen begrüßen zu können. FOTO: NIETHAMMER
Gerd Windhösel hofft, schon bald wieder Gäste im Hirsch in Erpfingen begrüßen zu können. FOTO: NIETHAMMER