VAIHINGEN AN DER ENZ. Die Landwirte im Südwesten erwarten eine durchschnittliche Ernte für 2019. »Auch in diesem Jahr haben wir baden-württembergischen Bauern immer wieder zur rechten Zeit Regen erhalten«, sagte der Präsident des Landesbauernverbandes (LBV) Joachim Rukwied, in Vaihingen an der Enz (Kreis Ludwigsburg). Die anfängliche Hoffnung auf eine Top-Ernte sei in der zweiten Juni-Hälfte durch hohe Temperaturen Richtung 40 Grad und Trockenheit zerstört worden. Dennoch reichte es bei den meisten Pflanzen für Durchschnitts-Erträge. Auch die Qualität sei zufriedenstellend, hieß es am Mittwoch nach abgeschlossener Ernte in den meisten Regionen.
Einen großen Verlierer gibt es laut dem Verbandschef aber: »Der Raps enttäuscht erneut.« Der Ertrag lag demnach rund 10 Prozent unter dem Vorjahresergebnis und rund 14 Prozent unter dem mehrjährigen Mittel. Für die späteren Kulturen wie Zuckerrüben, Mais und Kartoffeln hofft der LBV ebenfalls auf einen durchschnittlichen Ertrag. Regional hätten manche Pflanzen zwar unter dem heißen und trockenen Sommer gelitten, profitierten aber von den Niederschlägen im August.
»Auch beim Wein erwarten wir eine ordentliche Ernte, mit Ausnahme der Sorte Trollinger. Die hat in einigen Regionen doch durch die Hitze im Juli erhebliche Schäden hinnehmen müssen«, erklärte er. Zwischen 30 und 70 Prozent seien an manchen Hängen der Sonneneinstrahlung zum Opfer gefallen. Sonnenbrandschäden verzeichneten Baden-Württembergs Bauern laut Rukwied auch beim Obst.
Angesichts der Erntebilanz warnt der Agrarexperte der SPD-Landtagsfraktion, Georg Nelius, davor, die Herausforderungen durch Klimawandel und Extremwetterlagen zu unterschätzen: »Unsere Landwirte hatten Glück und kamen insgesamt mit einem blauen Auge davon - aber es gibt eben keine Garantie, dass das immer so bleibt«. Landwirte und Landwirtschaftspolitiker müssten weit entschlossener und rascher als bisher nach Antworten auf die neuen Herausforderungen suchen. Auch der LBV-Präsident betonte, dass Baden-Württemberg in diesem und vergangenem Jahr gegenüber anderen Bundesländern glimpflich davon gekommen sei: »Die Wetterextreme nehmen zu. Wir arbeiten in der Züchtung deshalb an widerstandsfähigeren Pflanzen.«
Besorgt blicken die Bauern Rukwied zufolge aber auch auf die Politik. Ab 24. September können Wahlberechtigte in Baden-Württemberg für das Volksbegehren »Rette die Bienen« unterschrieben - in dem Gesetzentwurf wird unter anderem der Verzicht auf Pestizide in Schutzgebieten gefordert. »Würden die Vorschläge so 1:1 umgesetzt, dann wäre in diesen Regionen kein Pflanzenschutz mehr möglich - und ich ergänze, dann auch keine Landwirtschaft, kein Wein- und kein Obstbau mehr möglich«, so Rukwied. Am Kaiserstuhl könnte kein Wein mehr angebaut werden, auch viele Obstbauern in der Bodenseeregion wären betroffen.
Erneut wies der Verband darauf hin, dass auch die Forderung nach 50 Prozent Ökolandbau existenzbedrohend sei. »Bei Ökoware aus Umstellungsbetrieben, da haben wir mittlerweile einfach Mengendruck und der löst Preisdruck aus.« Teilweise hätten die Betriebe, die gerade von konventioneller auf ökologische Wirtschaftsweise umstellen, keine Lagermöglichkeiten und müssten in der Ernte zu niedrigeren Preisen verkaufen.
Nach Angaben des baden-württembergischen Agrarministeriums wirtschaften derzeit rund 11 Prozent der Betriebe auf rund 14 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche ökologisch. Die aktuellen Preise bei Öko-Ware liegen der LBV-Bilanz zufolge etwas unter dem Vorjahr. (dpa)