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»Dr. Z« tritt ab: Generationswechsel an der Daimler-Spitze

Bei Daimler endet eine Ära: Nach mehr als 13 Jahren an der Spitze des Autobauers gibt Vorstandschef Zetsche seinen Posten ab. Nachfolger Källenius übernimmt einen Konzern im Wandel und viele Baustellen.

Dieter Zetsche und Ola Källenius
D. Zetsche, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG, Leiter von Mercedes-Benz Cars, und Ola Källenius. Foto: Uli Deck/Archiv
D. Zetsche, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG, Leiter von Mercedes-Benz Cars, und Ola Källenius. Foto: Uli Deck/Archiv

Stuttgart (dpa) - Die Abkühlung von Dieter Zetsche beginnt offiziell erst nächste Woche. Aber wie das aussieht, wenn der scheidende Vorstandschef eines Multi-Milliarden-Weltkonzerns wie Daimler zwischendurch schon mal ein bisschen das Aufhören übt und anderen den Vortritt lässt, hat man schon beobachten können.

Beim Automobilsalon in Genf etwa, im März war das. Da stand nicht etwa Zetsche vorn, um vor Journalisten noch einmal im Detail zu erläutern, wie Daimler sich die Zukunft vorstellt. Da stand Ola Källenius. Und Zetsche, der saß etwas abseits auf einem dieser Höckerchen, auf denen man bei solchen Veranstaltungen heutzutage so sitzt, den Blick gesenkt, die Arme verschränkt, und lauschte über Kopfhörer den Worten des neuen Chefs.

Nach 13 Jahren und knapp fünf Monaten an der Spitze des Autobauers endet nach der Hauptversammlung am kommenden Mittwoch (22. Mai) die Ära Zetsche bei Daimler - und der Schwede Källenius, bislang Entwicklungschef und schon lange Kronprinz in Stuttgart-Untertürkheim, ist am Zug.

Viel gesagt hat Zetsche bisher nicht über seinen Abschied, immerhin aber, dass er mit sich »total im Frieden« sei. Mit dem 66-Jährigen mit dem markanten Schnauzbart, zwischendurch auch mal als »Dr. Z« unterwegs, geht auch das Gesicht von Daimler. Der promovierte Ingenieur ist seit mehr als 40 Jahren im Unternehmen und selbst zur Marke geworden. Er hat den Konzern umgekrempelt, ihm die Krawatten ab- und die Sneakers zur Jeans angewöhnt. »Er hat eine Perle daraus gemacht«, sagt der Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer. Daimler ist jetzt hip, der Rentner-Benz passé.

Passé sind erstmal aber auch die Rekorde, die Zetsche noch vor einem Jahr verkünden konnte. Danach zeigte der Handelsstreit zwischen China und den USA Wirkung, dazu kamen Kosten etwa für Dieselrückrufe, Probleme bei der Umstellung auf den neuen Abgastest WLTP und nur noch ein ganz knappes Plus bei den Autoverkäufen. Die Folge: 2018 musste der Konzern einen herben Gewinneinbruch verbuchen. Und weil weiter viel Geld in den Aufbruch ins Elektro-Zeitalter fließt, gleichzeitig aber die Verkaufszahlen bei den aktuellen Modellen nun richtig schwächeln, lief auch der Start ins Jahr 2019 eher mies.

So scheidet Zetsche ohne neue Rekordzahlen im Rücken aus dem Amt, was aber, so hat er es jedenfalls gesagt, weder für Daimler noch für ihn selbst eine Rolle spielt. Auch Dudenhöffer sieht die Leistung Zetsches darin nicht geschmälert. »Alle haben momentan Schwierigkeiten, ihre Renditen zu erreichen«, betont er. Von einer Amtszeit mit vielen Höhen und Tiefen spricht Gesamtbetriebsratschef Michael Brecht. Aber: »Insgesamt, glaube ich, haben wir eine sehr gute Entwicklung in den letzten Jahren gehabt«, sagt er.

»Gegenmaßnahmen« hat Zetsche noch angekündigt, aber wie die im Detail aussehen sollen, muss jetzt Källenius sagen. Und er wird ein Kartellverfahren der EU und vor allem den Dieselskandal erben. Auch in Mercedes-Fahrzeugen soll es bei der Abgasreinigung nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. Es gibt Ermittlungen, ein Bußgeldverfahren. Zudem müssen Hunderttausende Mercedes-Diesel für Software-Updates in die Werkstatt.

Wie seine Agenda aussieht, lässt Källenius bislang offen. So wenig Zetsche über seinen Abschied spricht, so wenig spricht Källenius über seinen Antritt - öffentlich jedenfalls. Anfang der Woche war es zwar wieder er, der Daimlers Nachhaltigkeitsstrategie präsentierte - was sich dann als Abkehr vom reinen Verbrenner-Antrieb bis zum Jahr 2039 entpuppte. Zu sich selbst und zum bevorstehenden Wechsel ganz nach oben aber wie üblich: kein Wort.

Dass der 49-Jährige jetzt alles anders macht, ist aber nicht zu erwarten. »Ola Källenius ist ja nicht neu«, sagt Brecht. »Es ist nicht so, als wenn da jetzt jemand vom Himmel fällt und wir nicht wüssten, wie er tickt.«

Anders als Zetsche ist der Schwede kein Ingenieur, sondern von seiner Ausbildung her eher ein Mann der Zahlen. Was die Strategie angeht, heißt es, lägen die Ansichten der beiden aber dicht beieinander. »Er ist keiner, der mit Benzin im Blut auf die Welt gekommen ist. Aber da hat er sich über seine vielen Funktionen richtig gut reingearbeitet«, lobt der Betriebsratschef. Zetsche selbst hat seinen jetzigen Nachfolger schon vor Jahren einen »echten Car Guy« genannt.

Källenius wird eigene Akzente setzen wollen und müssen, die groben Linien inklusive eines kompletten Umbaus des Konzerns sind aber klar. Alles Wichtige der vergangenen Monate hat er ohnehin mit entschieden. Er ist derjenige, der all die jüngst vereinbarten Kooperationen etwa mit dem chinesischen Großinvestor Geely beim Kleinwagen Smart oder mit dem Konkurrenten BMW bei der Entwicklung des autonomen Fahrens jetzt mit Leben füllen muss.

Dieter Zetsche wird das alles aus der Ferne verfolgen - müssen. Für ihn beginnt die sogenannte Abkühlungsphase. Erst wenn die in zwei Jahren abgelaufen ist, kann er sich in den Aufsichtsrat wählen lassen. Geplant ist, dass er 2021 dort den Vorsitz übernimmt - und dann Ola Källenius auf die Finger schaut.