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Die Forsthütte der Ministerin bei Balingen war wohl nie eine

Neue Details dazu, warum die Wirtschaftsministerin des Landes Baden-Württemberg, Nicole Hoffmeister-Kraut, im Außenbereich bei Balingen bauen konnte und seit Jahrzehnten Grundsteuer spart.

Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU), Wirtschaftsministerin von Baden-Württemberg, zahlte für ihr Balinger Wohnhaus bislang nur wenig
Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU), Wirtschaftsministerin von Baden-Württemberg, zahlte für ihr Balinger Wohnhaus bislang nur sehr wenig Grundsteuer. Foto: Weissbrod/dpa
Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU), Wirtschaftsministerin von Baden-Württemberg, zahlte für ihr Balinger Wohnhaus bislang nur sehr wenig Grundsteuer.
Foto: Weissbrod/dpa

BALINGEN. Es hakte angeblich wegen eines fehlenden Häkchens: Wie aus einer »Forsthütte« im Balinger Engelestäle ein stattliches Wohnhaus und später die Villa der Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut werden konnte, wollte die FDP-Fraktion von der Balinger Verwaltung wissen. Die Recherchen der Stadt dazu sind aufgrund »eines Irrtums«, wie es seitens der Verwaltung heißt, erst seit letzter Woche öffentlich. Sie zeigen: Die vielzitierte Forsthütte war zwischen den beiden Weltkriegen bereits ein dreigeschossiges Schützenhaus.

Ein forstwirtschaftliches Gebiet mit daraus resultierendem niedrigen Bodenrichtwert, das gleichzeitig aber mit einem stattlichen Anwesen bebaut ist – in den vergangenen Wochen hat die vermeintlich ungerechte Besteuerungsgrundlage für das Grundstück der Balinger Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut für Wirbel gesorgt. Denn wo einst, so hieß es, eine »Forsthütte« stand, steht heute ein großes Wohnhaus. Die FDP-Fraktion im Balinger Gemeinderat wollte es nun genau wissen.

Ein Video hatte im Februar den Stein ins Rollen gebracht: Unter dem Pseudonym »Wasteland Wildfire« hatte ein offenbar ortskundiger Youtuber das Grundstück der Ministerin genau unter die Lupe genommen.

Stadt antwortete zunächst geheim

Er hatte in seinem Video moniert, dass das bebaute Anwesen der Ministerin im Gegensatz zu den umliegenden Flächen gerade einmal einen Bodenrichtwert von 60 Cent aufweise. Die Daten hatte er dem öffentlich einsehbaren Online-Bodenrichtwertinformationssystem, kurz BORIS, entnommen.

Eine Behauptung, die durchaus verifizierbar war. Recherchen bei der Balinger Verwaltung hatten ergeben, dass das Grundstück, auf dem das Haus von Hoffmeister-Kraut steht, als forstwirtschaftliches Gebiet ausgewiesen ist, was den geringen Bodenrichtwert von 60 Cent erklärt. Eine Wohnbebauung ist bei dieser Kategorie Land jedoch eigentlich ausgeschlossen.

Doch auch dafür fand sich eine Erklärung: »Auf diesem Gelände stand vor vielen Jahren bereits eine Forsthütte der Familie Kraut«, hatte Balingens Bürgermeister Ermilio Verrengia erklärt. Diese sei im Lauf der Jahre nach und nach zum Wohnhaus ausgebaut worden.

Und genau dieser Punkt ließ der Balinger FDP-Fraktion keine Ruhe. »Diese Auskunft überrascht«, hatte Fraktionssprecher Dr. Dietmar Foth der Verwaltung geschrieben.

»Nach der Erklärung der Stadt drängten sich die von uns gestellten Fragen auf, wie eine Forsthütte später als Wohnhaus genehmigt werden konnte. Wir wurden darauf auch aus der Bevölkerung angesprochen«, schreibt Foth. Der Liberale monierte : »Rechtlich kann eine wohl kleinere Forsthütte nicht die Grundlage für eine großdimensionierte Villa sein«, dies würde doch wohl das Baugesetzbuch auch bei »Ausschöpfung allen Wohlwollens nicht hergeben«.

Balingens Baudezernent Michael Wagner ließ den Gemeinderat in knappen Sätzen wissen, dass Recherchen der Verwaltung zum Umbau der Hütte ergeben hätten, »dass baurechtlich alles mit rechten Dingen zugegangen ist«. Jene Recherchen allerdings, auf die Wagner sich bezogen hatte, blieben der Öffentlichkeit vorenthalten.

Erst die Nachfrage des Zolleralbkuriers brachte Bewegung in die Sache. Grund für die Nichtöffentlichkeit der ausführlichen Antwort, sei lediglich ein fehlendes Häkchen im Auskunftssystem gewesen, erklärte Wagner. »Es gibt nichts zu verbergen oder zu verheimlichen«, wie er betonte. Schließlich sei Transparenz gerade in diesem Fall besonders wichtig »wegen der in der Vergangenheit wiederholt vorgebrachten Verdächtigungen der Ungleichbehandlung«.

Schützenhaus 1941 umgebaut

Bei der Lektüre der gut zweiseitigen Antwort wird klar: Das einzige, was die heutige Villa wohl nie war, ist eine Hütte, auch keine Forsthütte.

Das Grundstück gehörte einst dem Balinger Portlandzementwerk und wurde 1929 an privat verkauft. »Der neue Eigentümer stellte dieses in der Folge dem damaligen Veteranenverein beziehungsweise der Schützenkameradschaft Balingen zur Verfügung, um darauf eine Schießbahn zu errichten«, heißt es in der Antwort der Verwaltung.

Die Baugenehmigung für das dreigeschossige Gebäude mit einer Grundfläche von 9,9 auf 7,3 Metern sowie der zugehörigen Schießbahn mit einem 50-Meter- und einem 100-Meter-Stand wurde am 28. Dezember 1929 erteilt.

Einige Jahre später, am 24. Februar 1941, wurde der Umbau des Schützenhauses zu einem Einfamilienhaus genehmigt. Seine heutige Kubatur erhielt das Gebäude durch einen Bauantrag von 1945, der aber erst drei Jahre später, im Januar 1948, genehmigt wurde. Das Gebäude wurde nach Norden erweitert und um ein Vollgeschoss aufgestockt. Diese Genehmigung sei auf der Rechtsgrundlage der Württembergischen Bauordnung vom 8. August 1910 erfolgt, die noch keine Unterschiede zwischen Innen- und Außenbereich vorsah.

1971 wurde der Ausbau des Dachgeschosses, 2005 wurden Um- und Ausbaumaßnahmen innerhalb des Hauses genehmigt. Die jüngste Baugenehmigung datiert aus dem Jahr 2018, sie war zur Erweiterung und Nutzung des Dachgeschosses notwendig geworden.

Wagner fügt an: »Die Baurechtsbehörde der Stadt Balingen legt Wert darauf, dass bei gleich gelagerten Bauvorhaben jeweils der Gleichbehandlungsgrundsatz zur Anwendung kommt.« (ZAK)