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Diakonie will Kinderverschickung detailliert aufarbeiten

Die Diakonie will die Verschickung von Kindern in sogenannte Kinderkurheime mithilfe eines Gutachtens detailliert aufarbeiten. Das teilte die Diakonie Württemberg am Freitag in Stuttgart mit. »Die Diakonie Württemberg ist sich ihrer Verantwortung für erlittenes Leid im Rahmen der Praxis der Kinderverschickung bewusst und bekennt sich öffentlich dazu«, sagte Kornelius Knapp, Vorstand für Sozialpolitik bei der Diakonie.

Diakonie Baden
Fahne und Logo der Diakonie, aufgenommen vor dem Haus der Diakonie. Foto: Uli Deck/DPA
Fahne und Logo der Diakonie, aufgenommen vor dem Haus der Diakonie.
Foto: Uli Deck/DPA

Nach Angaben der Diakonie Württemberg wurden von den 1950er-Jahren bis in die 1980er-Jahre Kinder zwischen zwei und zwölf Jahren in sogenannte Kinderkurheime verschickt. Dabei seien die Kinder komplett von ihrem gewohnten Umfeld getrennt worden, Elternbesuche seien in der Regel untersagt und Geschwister auf verschiedene Heime verteilt gewesen. Nach damaligen pädagogischen Ideen habe man die Kinder damit stärken wollen, sagte Knapp.

Viele Kinder hätten in den Heimen, die auch von der Diakonie Württemberg betrieben wurden, psychische und physische Gewalt erfahren. »Die Rede ist von Essenszwang, Demütigungen, drastischen Strafen für kleinste Vergehen, Einsatz von Sedativa, mitunter entsetzlichen Misshandlungen«, so Knapp.

Bis Mai 2025 soll eine Wissenschaftlerin nun im Auftrag der Diakonie drei ehemalige Heime untersuchen, die von der Diakonie betrieben wurden: Den Bühlhof bei Königsfeld im Schwarzwald, das Haus Carola in Berchtesgaden und das Haus Hubertus in Scheidegg (Landkreis Lindau).

Andrea Weyrauch, Vorsitzende des Vereins Aufarbeitung Kinderverschickungen Baden-Württemberg, in dem sich Betroffenen zusammengeschlossen haben, begrüßte die Aufarbeitung der Diakonie. Es seien aber noch immer viele Fragen offen, etwa wie viele Kinder verschickt wurden und wie viel Geld die Träger der Einrichtungen damit verdienten. Diese Fragen zu klären, sei Aufgabe des Landes. »Dazu ist das Land schon seit vielen Jahren in der Pflicht. Das ist längst überfällig«, sagte Weyrauch.

Die Aufarbeitung der Geschehnisse sei aus Sicht der Landesregierung von »eminent hoher Bedeutung«, teilte ein Sprecher des Sozialministeriums mit. Man habe die Aufarbeitung bereits mit rund einer halben Million Euro unterstützt und einen Runden Tisch eingerichtet.

© dpa-infocom, dpa:230714-99-403642/2