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Datenschützer: Verfahren um Anwaltsschreiben abgeschlossen

Innenminister Strobl hat stets betont, dass er mit der Weitergabe eines Anwaltsschreibens »maximale Transparenz« habe schaffen wollen. Zulässig war dies aus datenschutzrechtlicher Sicht nicht - doch das Verfahren ist nun abgeschlossen.

Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU)
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU). Foto: Marijan Murat
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU).
Foto: Marijan Murat

In der Affäre um die Weitergabe eines Anwaltsschreibens durch Innenminister Thomas Strobl (CDU) hat der oberste Datenschützer des Landes das Verfahren abgeschlossen. Die Übermittlung des Anwaltsschreibens an den Journalisten sei datenschutzrechtlich unzulässig gewesen, teilte der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Jan Wacke, am Donnerstag mit. Eine förmliche Verwarnung sei aber nicht erforderlich. »Das Verfahren ist mit der Feststellung eines Datenschutzverstoßes für uns abgeschlossen. Wir gehen davon aus, dass das Innenministerium künftig den Personaldatenschutz einhält.« Das Ministerium habe die Feststellung akzeptiert.

Strobl hatte ein Schreiben des Anwalts des Inspekteurs der Polizei an einen Journalisten weitergereicht. Der inzwischen suspendierte Inspekteur soll Ermittlungen zufolge im November 2021 in Stuttgart eine Polizeibeamtin sexuell belästigt haben.

Das Innenministerium teilte zum Abschluss des Verfahrens mit: »Bei der Entscheidung zur Weitergabe des Anwaltsschreibens handelte es sich um das Ergebnis einer situativen Abwägung, bei der das Interesse der Öffentlichkeit an Transparenz höher gewichtet wurde als möglicherweise widerstreitende anderweitige Belange.« Die nun verkündete - und erwartete - Entscheidung sei »die mildeste Maßnahme der Landesdatenschutzbehörde«.

In der Mitteilung der Landesdatenschutzbehörde hieß es, der Verstoß als solcher sei zwar kein geringfügiger, da es sich um besonders geschützte Personaldaten handelte und ein Verstoß das Vertrauen in den Dienstherren beschädige. Gleichzeitig sei aber zu sehen, dass es sich um einen Einzelfall handele. »Dieser lässt keine strukturellen Defizite im Umgang mit datenschutzrechtlichen Anforderungen oder in der Organisation des Innenministeriums erkennen.« Eine Wiederholungsgefahr sei nicht anzunehmen, deshalb brauche es auch keine förmliche Verwarnung.

Im Zentrum der Affäre stehen eigentlich Ermittlungen gegen einen führenden Polizisten, der inzwischen wegen sexueller Nötigung angeklagt ist. Der Mann soll eine Hauptkommissarin in einem Mitarbeitergespräch belästigt haben. Aus Kreisen des Innenausschusses hieß es, aus der Abschrift des Videochats, die den Abgeordneten vorliegt, gehe deutlich hervor, dass der Mann der Polizistin angeboten habe, ihr bei der Karriere zu helfen, wenn sie ihm sexuell zu Diensten sei.

Strobl räumt ein, im Dezember 2021 das Schreiben des Anwalts an die Presse durchgestochen zu haben. Der Minister argumentiert, er habe damit für »maximale Transparenz« sorgen wollen. In dem Schreiben hatte der Anwalt des suspendierten Beamten dem Ministerium ein persönliches Gespräch angeboten, das für beide Seiten besser sei als ein juristisches Verfahren. Strobl argumentiert, dies sei ein »vergiftetes Angebot« für einen Deal gewesen. Um einer möglichen Veröffentlichung durch die Gegenseite zuvorzukommen, habe er das Schreiben einem Journalisten gegeben. Ermittlungen gegen den Minister wurden bereits im November gegen Zahlung einer Geldauflage von 15 000 Euro eingestellt.

Schon im vergangenen Mai hatte der damalige oberste Datenschützer Stefan Brink deutlich gemacht, dass Strobl mit der Weiterleitung des Schreibens klar gegen das Gesetz verstoßen habe. Im November war das Verfahren dann wieder aufgenommen worden. Brink schied zum Jahresende nach sechs Jahren aus dem Amt aus. Bis ein Nachfolger gefunden ist, führt Wacke die Geschäfte.

© dpa-infocom, dpa:230330-99-149886/3