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Countdown: Warnungen und Verbote vor Silvester-Feuerwerk

Der Countdown zum neuen Jahr läuft. Aber nicht allen bereitet der Jahreswechsel Freude. Polizisten dürften jede Menge zu tun bekommen, Ärzte legen Notfallpläne bereit.

Böller
Feuerwerksraketen liegen in einem Geschäft. Foto: Inga Kjer/dpa/Archiv
Feuerwerksraketen liegen in einem Geschäft. Foto: Inga Kjer/dpa/Archiv

Stuttgart (dpa/lsw) - Sie heißen »Excalibur«, »Big Bang«, »Höllenblitz« oder »Showbox Bürgermeister«. Und sie sollen die erste Nacht des neuen Jahres zumindest für wenige Sekunden lautstark, bunt und glitzernd zum Tag machen. Beim Verkaufsstart am Samstag werden voraussichtlich auch in diesem Jahr etliche Feuerwerk-Fans schon in den Morgenstunden Schlange stehen, um möglichst früh möglichst viele Böller für Silvester einzukaufen. Die Branche erwartet bundesweit erneut einen Umsatz in dreistelliger Millionenhöhe - unabhängig von der Debatte um die Umweltbelastung durch Feinstaub aus Feuerwerken.

Allerdings warnen Branche, Politik und Polizei vor den Risiken durch illegale Einkäufe vor allem aus dem Ausland. Einige baden-württembergische Kommunen gehen bereits auf Nummer sicher, wenngleich nur in einzelnen Bereichen ihrer Innenstädte: Unter anderem in Karlsruhe und Stuttgart wird das Feuerwerk von den zentralen Plätzen verbannt.

In Tübingens Altstadt ist es bereits seit 2009 aus Brandgefahr komplett untersagt. Ähnliche Verbote gibt es unter anderem aus diesem Grund auch in Bad Urach und Rottweil sowie in Konstanz am Bodensee - in der Altstadt ist dort in diesem Jahr zum ersten Mal eine »musiksynchrone Lasershow« geplant.

Eine Alternative zum Böllern soll es auch in Stuttgart geben, wo privates Feuerwerk rund um den zentralen Schlossplatz aus Sicherheitsgründen verboten wird. »Die Gefährdungslage an Silvester im Stadtinneren nimmt seit ein paar Jahren zu«, sagte Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne). Nun wird eine zentrale Party mit Lichtshow, Video-Leinwänden und Live-Musik organisiert. Schilder sollen auf das Verbot hinweisen, es gibt Polizeikontrollen an den Einlässen.

Trotz einer entsprechenden Forderung der Deutschen Umwelthilfe werden die breit diskutierten Böllerverbote aber in den meisten Städten gar nicht erst ausgesprochen. Weder in Heilbronn noch in Freiburg, Reutlingen, Mannheim oder Ludwigsburg wird das Zünden der Kracher in der Neujahrsnacht untersagt.

Das hat vor allem rechtliche Gründe. Zum einen würden die Feinstaubwerte im Stadtzentrum eingehalten, außerdem gebe es in der Stadt keine brandempfindlichen Häuser wie etwa in Bad Wimpfen, erklärt zum Beispiel die stellvertretende Heilbronner Rathaussprecherin Suse Bucher-Pinell. Auch die Sicherheitslage sei kein Argument, weil Polizei oder Feuerwehr in den vergangenen Jahren kaum eingreifen mussten.

Experten warnen nach wie vor vor den Gefahren durch verbotene Böller. Vor allem um den Jahreswechsel komme es immer wieder zu schlimmen Unfällen. Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) rät, nur geprüftes Feuerwerk zu kaufen, das mit CE-Zeichen und BAM-Registriernummer gekennzeichnet ist. Und auch der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) ruft zum bewussten Umgang mit Böllern und Raketen auf. Wer ein Feuerwerk abbrennen möchte, müsse unbedingt auf deren Kennzeichnung achten, sagte Untersteller vor dem Verkaufsstart in Stuttgart.

Polizei und auch einige Krankenhäuser verstärken in der Neujahrsnacht ihre Besetzungen oder vertrauen auf Notfallpläne. Mehrere Hundert Polizeibeamte werden in Stuttgart im Einsatz sein - zusätzlich zu den bereits im Schichtdienst eingeteilten Streifenbeamten. »Die Polizisten werden in der Stadt speziell rund um den Schlossplatz präsent sein«, so das Polizeipräsidium. Dort sei die Stimmung in den vergangenen Jahren rund um Mitternacht aggressiv gewesen, teils rücksichtslos seien Böller gezündet worden. »Nicht selten waren gefährliche Szenen zu beobachten, in denen Feiernde beinahe verletzt worden wären«, hieß es.

Und auch Tierschützer warnen kurz vor der Jahreswende vor den Folgen des Feuerwerks. Nicht nur die Feinstaubbelastung nehme dadurch massiv zu, die Knallerei sei auch verantwortlich für »zahllose völlig verstörte Tiere«, rügt der Landestierschutzverband Baden-Württemberg.

Der Naturschutzbund (Nabu) schlägt eine Alternative vor: Statt mit lautem Böllern könnten die ersten Morgenstunden 2020 »mit Vogelgezwitscher an den Futterplätzen beginnen«. Dort sammelten sich Rotkehlchen, Kohlmeisen und Blaumeisen ebenso wie Grünfinken. »Sie zaubern ein zwitscherndes Farbfeuerwerk«, teilen die Naturschützer mit.

Deutschlandweit hat die Böller-Branche im vergangenen Jahr rund 133 Millionen Euro Umsatz gemacht, für das laufende Jahr geht sie von ähnlichen Werten aus. Auch Branchenkenner Uwe Krüger vom Kölner Institut für Handelsforschung (IFH) rechnet damit, dass die Nachfrage weiter hoch bleibt. »Ich glaube nicht, dass die Konsumenten dieses Jahr weniger Geld für Feuerwerk ausgeben werden«, sagt er.

Ähnlich sieht das ein Stuttgarter Fachhändler: »Ich habe mehr Vorbestellungen als in den Jahren zuvor.« Die Klimadebatte? »Spielt keine Rolle«, erklärt er. »Die Zahl der Gegner nimmt nicht zu, sie werden nur lauter, weil sie das Internet als Plattform nutzen.«

Das zeigt auch eine neue Umfrage, der zufolge Feuerwerk für eine Mehrheit der Bundesbürger fester Bestandteil der Jahreswechsel-Tradition ist. Der repräsentativen Umfrage von YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur zufolge ist es für 57 Prozent eng mit Silvester verbunden. Gleichzeitig sind sich gut drei Viertel der Befragten bewusst, dass Raketen und Böller schlecht für die Umwelt sind.

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