Nach dem Premieren-Aufstieg in die Fußball-Bundesliga hatte Heidenheims Erfolgstrainer Frank Schmidt erst mal längere Zeit mit der Beantwortung aller Glückwünsche zu tun. »Ich bin keiner, der sein Handy drei Tage auslässt und dann zwei Tage nichts anderes zu tun hat, als Nachrichten zu lesen. Ich habe allen geantwortet, wirklich allen. Knapp 1000 Glückwünsche waren es sicher«, sagte Schmidt im Kicker-Interview (Montag), schob aber noch hinterher: »Wenn man Erfolg hat, dann hat man plötzlich mehr Freunde, das muss man dann alles richtig einschätzen können.«
Der 49-Jährige, bereits fast 16 Jahre Chefcoach des 1. FC Heidenheim, hatte die Schwaben dank eines dramatischen 3:2-Sieges beim SSV Jahn Regensburg am letzten Spieltag zum Aufstieg und zur Zweitliga-Meisterschaft geführt. Nach neun Zweitliga-Jahren spielt der Ostalb-Club ab Sommer ganz oben mit. Zwar werde es für sein Team nun noch schwieriger, Spiele zu gewinnen. »Einen Fehler aber werden wir nicht machen: Wir werden uns vom Kopf her nicht beschränken und sagen, dass der Klassenerhalt unmöglich ist. Er muss unser Anspruch und unser Ziel sein. Wenn uns das dann gelingen sollte, wäre das noch höher einzustufen als dieser Aufstieg«, sagte Schmidt über den Verein aus dem rund 50.000 Einwohner zählenden Städtchen an der Brenz.
Er freue sich darauf, »dass wir uns mit unseren Werten ohne Bling-Bling mit diesen Mannschaften zweimal in einer Saison messen dürfen«, sagte der Fußball-Lehrer, der personell auf seine Aufstiegsmannschaft setzt. Alle Leistungsträger und Stammspieler haben einen Vertrag. »Es ist immer wichtig, die zu belohnen, die es geschafft haben. Sie sollen genauso wie ich zeigen können, dass sie Bundesliga können«, sagte Schmidt. Man werde punktuell Spieler dazuholen, »die uns nicht quantitativ stärker, sondern als Mannschaft stärker machen. Dass wir nun aber gestandene Bundesliga-Profis holen, ist eher nicht zu erwarten.«
Ob diese Herangehensweise Erfolg haben werde, wisse er nicht. Man werde es aber mit voller Überzeugung angehen. »Wir werden uns nicht von den vielen Menschen oder zig Beratern beeinflussen lassen, die es alle besser wissen als wir«, sagte Schmidt.
Die Bundesliga bekomme jetzt einen Verein, der anders ist. »Jeder spricht doch davon, dass genau das, was und wie wir es machen, im Profifußball verloren gegangen sei. Wir haben eine sehr wertebasierte Kultur bei uns, eine gewisse Menschlichkeit, das traditionelle Arbeiten. Bei uns ist nicht das große Geld da, um uns mal eben eine Mannschaft zusammenzubauen«, sagte Schmidt. »Wir machen das mit Fleiß, mit ehrlicher Arbeit und mit klarer Kommunikation ohne Wischiwaschi.«
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