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CDU schießt sich auf Ampel ein: Kritik an Kanzleramtschef

Atomkraft, ja bitte. Scholz, nein danke! Das sind, etwas verkürzt, die Botschaften vom CDU-Landesparteitag im Schwarzwald. Der Verband tankt bei der Rede von Bundeschef Friedrich Merz Selbstbewusstsein.

Thomas Strobl
Der Landesvorsitzende der CDU Baden-Württemberg Thomas Strobl spricht während des Landesparteitags. Foto: Silas Stein
Der Landesvorsitzende der CDU Baden-Württemberg Thomas Strobl spricht während des Landesparteitags.
Foto: Silas Stein

Mit heftiger Kritik an der Ampelregierung hat CDU-Bundesparteichef Friedrich Merz viel Applaus bei der Südwest-CDU geerntet. Die Bundesregierung habe ein Jahr nach Unterzeichnung des Koalitionsvertrags nichts von den versprochenen Inhalten erreicht, sagte der CDU-Politiker am Samstag auf einem Parteitag des Landesverbands in Villingen-Schwenningen im Schwarzwald-Baar-Kreis. Von der Zeitenwende-Rede von Kanzler Olaf Scholz (SPD) sei auch nicht viel übrig geblieben. Die Ampel sei »zurück im klein-klein« und streite über die richtigen Antworten auf die Krise. CDU-Landeschef Thomas Strobl nannte die Scholz-Regierung eine »Chaostruppe in Berlin«, die zögere und zaudere. »Die Bundesregierung muss aus dem Quark kommen.«

Merz kritisierte unter anderem den Nazi-Vergleich von Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt im Ringen um eine Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine heftig kritisiert. »Was geht eigentlich im Kopf dieses Mannes vor, einen solchen Vergleich zu ziehen, der Leopard sei das V2-Syndrom der Deutschen«, sagte er. Solche Äußerungen schürten Zweifel in Europa und der ganzen Welt an der Zuverlässigkeit der deutschen Politik. Merz forderte Scholz auf, klarzustellen, dass es nicht das Denken der Bundesregierung sei, einen solchen »Unsinn« weiterzugeben.

Kanzleramtschef Schmidt hatte am Donnerstag bei einer auf Englisch geführten Diskussionsveranstaltung in Berlin die Regierungsposition verteidigt, der Ukraine keine Kampfpanzer für den Abwehrkampf gegen Russland zu liefern. Unter anderem verglich der SPD-Politiker dabei die Rufe nach deutschen Leopard-2-Panzern mit Hoffnungen, die in Nazi-Deutschland in die von der Propaganda als »Wunderwaffe« bezeichnete V2-Rakete gesetzt wurden. »Ich bin manchmal versucht, es das V2-Syndrom der Deutschen zu nennen«, sagte Schmidt - dass es eine Wunderwaffe gebe, die wie Magie dafür sorge, dass Dinge sich erledigten. »Und jetzt ist der Leopard 2 (...) diese Wunderwaffe, die den Krieg beenden wird. Und das wird er nicht.« Nach dem NS-Sprachgebrauch steht V2 für Vergeltungswaffe 2 und wurde von Nazi-Deutschland vielfach gegen zivile Ziele eingesetzt.

CDU-Landeschef Thomas Strobl warf der Ampel-Regierung im Schwarzwald Untätigkeit im Umgang mit der Energiekrise vor. Die Bundesregierung müsse kleine und mittlere Unternehmen endlich unterstützen, sagte er. »Die Ampel-Koalition lässt die Länder und Kommunen im Stich. Das ist nicht unser Weg.« Nicht nur der Uniper-Konzern brauche einen Schutzschirm, sondern auch kommunale Krankenhäuser und Stadtwerke, forderte Strobl. Kanzler Scholz schaffe es aber nicht einmal, eine Einheit mit den Ländern beim Entlastungspaket des Bundes herzustellen.

Merz und Strobl pochten indes auf einen Weiterbetrieb der drei noch laufenden Kernkraftwerke in Deutschland. Diese Forderung steht auch in einem Initiativantrag, den der Parteitag beschloss. Der ideologische Kampf gegen den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke sei »weder sinnvoll noch pragmatisch«, kritisierte Strobl. Auch das Werk im Emsland müsse über die nächsten beiden Winter weiter am Netz bleiben. Merz sagte, man begebe sich in »Geiselhaft« der Grünen, die das aus rein ideologischen Gründen blockierten, nur damit der Gründungsmythos den Grünen-Parteitag überlebe. Die ganze Welt schaue fassungslos auf die Debatte, die man in diesem Lande führe.

Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP streitet seit Wochen über den Umgang mit der Atomenergie. Die Delegierten des Grünen-Parteitags beschlossen am Freitagabend in Bonn mit klarer Mehrheit, die beiden süddeutschen Atomkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim 2 bis zum 15. April in einer Reserve zu halten und bei Bedarf weiter für die Stromerzeugung nutzen zu können. Das dritte noch verbleibende AKW Emsland hingegen soll zum 1. Januar 2023 endgültig abgeschaltet werden.

Merz forderte die weitere inhaltliche und personelle Erneuerung in der Union. »Wir befinden uns am Anfang des Weges der Erneuerung«, sagte er. Die Union befinde sich im Bund zum dritten Mal in der Geschichte in der Opposition, es hänge von der Partei selbst ab, wie lange das andauern werde. Er appellierte auch an den Stolz der Südwest-CDU. Kein Land habe nach zerstörerischen Weltkriegen so viel erreicht wie Deutschland, das gehe auf Entscheidungen von CDU und CSU zurück. »Selbstbewusstsein ist angesagt«, sagte Merz.

© dpa-infocom, dpa:221015-99-136494/3