STUTTGART. Der Zulieferer Bosch stellt sich auf weiter sinkende Diesel-Anteile im deutschen Automarkt ein. Trotzdem plant der Konzern keinen radikalen Stellenabbau. »Wenn wir unterstellen, wir haben einen sukzessiven Rückgang des Dieselanteils, also keinen abrupten Rückgang, dann schaffen wir es, mit unseren Maßnahmen gemeinschaftlich Lösungen zu finden«, sagte Bosch-Personalchef Christoph Kübel am Dienstagabend vor Journalisten. Mit Arbeitnehmervertretern spreche man über »Flexibilisierungsmöglichkeiten«. Der demografische Wandel werde helfen.
Zugleich suche der Konzern bei der Elektromobilität neue Beschäftigungsfelder. »Wenn es durch Gesetzesänderung oder durch sonstige Themen zu einem ganz abrupten Rückgang käme, dass wir sagen, wir haben morgen keinen Diesel mehr, dann müssten wir auch über andere Themen sprechen«, sagte Kübel.
Bosch will bis 2025 den Umsatz mit E-Mobilität auf fünf Milliarden Euro verzehnfachen. »Wir wollen Marktführer im Massenmarkt für Elektromobilität werden«, sagte Konzernchef Volkmar Denner. Jüngst hatte Bosch eine Gemeinschaftsfirma mit Daimler für Elektromotoren komplett übernommen.
Bei dem Zulieferer hängen aber derzeit noch weltweit etwa 50 000 der 410 000 Arbeitsplätze vom Diesel ab. In Deutschland sind es gut 15 000. Im vergangenen Jahr hatte Bosch 600 Stellen in dem Bereich abgebaut, indem befristete Verträge nicht verlängert wurden oder Menschen zum Beispiel in Altersteilzeit geschickt wurden. Wieviel Umsatz Bosch mit dem Diesel macht, legt der Konzern nicht offen.
Neben der allgemeinen Debatte um Fahrverbote und Stickoxide hängt Bosch auch in den Problemen mit VW-Dieseln drin. Der Zulieferer hatte Komponenten für die problematischen Diesel geliefert. In den USA hatte Bosch Klagen mit millionenschweren Vergleichen beigelegt. In Deutschland laufen die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft noch.
Die Auto-Sparte ist das wichtigste Standbein von Bosch. 2018 machte sie nach vorläufigen Zahlen 47 Milliarden Euro Umsatz bei einem Gesamtumsatz von 77,9 Milliarden Euro. Die Sparte wuchs dank eines guten Nutzfahrzeuggeschäfts mit 2,3 Prozent stärker als der konzernweite Umsatz (1,5 Prozent). Doch darauf kann der Konzern nicht fest bauen. Denn das Geschäft mit Lkws und Lkw-Teilen unterliegt üblicherweise stärkeren Konjunkturschwankungen als das Pkw-Geschäft.
Für das laufende Jahr traut sich der Konzern auch wegen der geopolitischen Unsicherheiten keine konkrete Umsatzprognose zu. Ausschlaggebend seien etwa der offene Ausgang des Brexits und diverse Handelsstreitigkeiten, sagte Finanzchef Stefan Asenkerschbaumer. Das operative Ergebnis soll einen ähnlichen Wert wie 2018 erreichen - rund 5,3 Milliarden Euro. Ein ungeregelter Brexit wäre für Bosch fatal, auch wenn sich der Konzern auf das Szenario vorbereite, sagte Asenkerschbaumer. Die Kosten für höhere Zölle lägen bei einem mittleren zweistelligen Millionen-Euro-Betrag.
Dabei steht der Konzern wie die gesamte Branche vor hohen Investitionen in Zukunftsthemen wie autonomes Fahren. Allein dafür rechne Bosch bis 2022 mit Vorleistungen in Höhe von vier Milliarden Euro, sagte Denner. Für eine mögliche Partnerschaft mit anderen Herstellern beim autonomen Fahren, über die jüngst in verschiedenen Medien spekuliert wurde, wäre Bosch offen.
Bosch arbeitet bei dem Thema mit Daimler zusammen - auch um die hohen notwendigen Kosten zu stemmen. »Wir haben immer gesagt, dass wir das nicht als exklusive Partnerschaft sehen, sondern dass wir offen sind in dieser Partnerschaft«, sagte Denner. Es liefen Gespräche mit anderen Herstellern. »Wir sprechen mit mehreren.«
Rund 4 000 Entwickler arbeiten bei Bosch am automatisierten Fahren. Unabhängig von neuen Partnern will Bosch sein Personal in angrenzenden Bereichen aufstocken. Die Zahl der Experten im Bereich der künstlichen Intelligenz, das eine wichtige Grundlage für autonomes Fahren ist, will Bosch bis 2021 von 1000 auf 4000 steigern. (dpa)