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Blitzschnell geblitzt: Radarkontrollen bringen Geld

Wie nervig ist das denn! Blitzer stehen oft da, wo es nicht nötig wäre, sagen die einen. Blitzer stehen da, wo Schnellfahren echt gefährlich ist, sagen die anderen. Ja was jetzt.

Enforcement Trailer zur Tempoüberwachung
Ein so genanter Enforcement Trailer zur Geschwindigkeitsüberwachung. Foto: Arne Dedert/DPA
Ein so genanter Enforcement Trailer zur Geschwindigkeitsüberwachung.
Foto: Arne Dedert/DPA

Für Autofahrer sind sie ein Ärgernis, für Kommunen eine sprudelnde Einnahmequelle: In Südwest-Städten gibt es zunehmend mehr Blitzeranlagen zur Verkehrsüberwachung. Alleine in der Stadt Freiburg gibt es nach Angaben einer Stadtsprecherin aktuell 21 feste Blitzer - im Jahr 2015 waren es noch 9 gewesen, Ende 2016 waren es 13 und ab 2020 waren es 20. Für mobile Überwachung stünden 6 Messanlagen in vier Messfahrzeugen zur Verfügung. Entsprechend stiegen die Einnahmen in den letzten Jahren - von 6,8 Millionen im Jahr 2019 auf knapp 9,5 Millionen Euro im vergangenen Jahr.

Geht es um Sicherheit oder Geld?

Dass es bei der Aufstellung von Blitzern nicht nur um Sicherheit, sondern auch um den kommunalen Geldbeutel gehen könnte, weist die Stadt Freiburg zurück. »Grundsätzlich werden Messanlagen nur dort aufgestellt, wo es auch aufgrund des Verkehrsaufkommens angezeigt ist«, heißt es. Die Einnahmen seien ein positiver Nebeneffekt.

Die Stadt Stuttgart hat an 20 Standorten feste Blitzer und 6 mobile - also in Fahrzeugen verbaute - Messanlagen sowie 3 teilstationäre Blitzer. Letztere wurden 2019 neu angeschafft und werden bei Bedarf auf- und dann wieder abgebaut. Von 2021 auf 2022 machten die Bußgeld-Einnahmen einen Sprung von gut 10,5 auf knapp 20 Millionen Euro.

Das erklärt die Stadt unter anderem mit einer Novelle der Straßenverkehrsordnung: »Damit hat der Bund auch den Bußgeldkatalog deutlich nach oben angepasst, so dass Temposünder seither teils doppelt so hohe Bußen zahlen.« Ein zweiter Faktor seien zwei neue Anlagen an einem Tunnel auf einer der meistbefahrenen Strecken Stuttgarts. »Hier hat sich in der Zwischenzeit ein gewisser Lerneffekt bei den Autofahrenden eingestellt, so dass die Fallzahlen 2023 gesunken sind«, heißt es. Und entsprechend auch die Einnahmen - auf 17,9 Millionen Euro.

Finanzielle Erwägungen spielten bei der Aufstellung aber überhaupt keine Rolle, betont eine Stadtsprecherin. Nachweislich seien durch die im Stadtgebiet installierten Überwachungsanlagen Unfallschwerpunkte entschärft sowie Lärm und Schadstoffausstoß reduziert worden.

Auch in Karlsruhe stiegen die Einnahmen an Bußgeldern drastisch - von 10,8 Millionen im Jahr 2020 auf 20,1 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Auch hier verweist ein Sprecher darauf, dass ein neuer Bußgeldkatalog in Kraft trat. »Auf lange Sicht wurde die Zahl der Anlagen tatsächlich größer«, heißt es aus Pforzheim. Dort wurden im vergangenen Jahr rund 4,8 Millionen Euro an Bußgeldern festgesetzt. Zwei neu angeschaffte halbstationäre Anlagen hatten nach Worten eines Stadtsprechers zuletzt dafür gesorgt, dass die Einnahmen von 1,6. Millionen im Jahr 2021 auf 4 Millionen Euro im Jahr 2022 stiegen. Es gehe bei Blitzern aber um den Schutz von Bürgerinnen und Bürgern und nicht um Geldmacherei, sagt ein Stadtsprecher.

Verkehrsexperte bezweifelt allgemeinen Sinn von Blitzern

Verkehrsexperte Michael Schreckenberg von der Uni Duisburg sieht den Einsatz von Blitzern kritisch. Stationäre Anlagen an gefährlichen Stellen seien zwar sinnvoll, weil Pendler dann abbremsten. Später aber gäben sie wieder Gas. »Es gibt einen gewissen Prozentsatz von Autofahrern, die halten die Regeln auch so ein. Die Frage ist: welchen Prozentsatz von den anderen fangen Sie durch Kontrollen wieder ein? Der erzieherische Wert ist zumindest fraglich.« Städte rüsteten auf mit Blitzern, um ihre Einnahmen zu verbessern, vermutet der Forscher. »In ihrem Budget ist schon Anfang des Jahres enthalten, womit sie an Einnahmen rechnen wegen Bußgeldern bei Geschwindigkeitsüberschreitungen. Sie schauen dann natürlich, wo man Blitzer besonders gewinnbringend einsetzen könnte.«

Das Innenministerium hält dagegen. Der Zusammenhang zwischen Druck auf die Autofahrer durch Kontrollen, der Höhe der Sanktionen und der Verhaltensänderung seien wissenschaftlich erwiesen. Finanzielle Erwägungen spielten keine Rolle.

Erst im September vergangenen Jahres hatte Innenminister Thomas Strobl (CDU) angekündigt, mit mehr Geschwindigkeitskontrollen für mehr Sicherheit zu sorgen und zusätzliche Blitzer zu beschaffen. Derzeit stehen vier stationäre Blitzer auf den Autobahnen. Hinzu kommen auch auf Kreis-, Landes- und Bundesstraßen Laser-Handmessgeräte, mobile digitale Großmessgeräte, und 12 sogenannte Enforcement Trailer zum Einsatz.

Letztere sind Anhänger mit eingebauter Radarkamera, die flexibel und je nach Bedarf am Straßenrand aufgestellt werden können. Seit Einführung dieser Trailer hatte die Polizei nach Angaben des Innenministeriums sprunghaft mehr Geschwindigkeitsverstöße registriert. Die Zahl stieg von 1,03 Millionen (2020) auf zuletzt 1,46 Millionen (2022).

Land nimmt mehr Bußgeld auf Autobahnen ein

Wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten auf den Autobahnen nahm das Land über die Zentrale Bußgeldstelle ähnlich wie 2022 im vergangenen Jahr rund 48 Millionen Euro ein - nach fast 35 Millionen 2021 und rund 30 Millionen Euro im Jahr 2020. Wieviel davon auf zu schnelles Fahren entfiel, wird nicht erhoben, auch das Verkehrsministerium hat keine Statistiken dazu. »Erfahrungsgemäß liegt der Anteil der Ordnungswidrigkeiten wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen bei grob geschätzten 80 - 90 Prozent«, sagte eine Sprecherin des Regierungspräsidiums Karlsruhe. Was jenseits der Autobahnen eingenommen werde, sei kaum zu ermitteln. Das obliege weiteren mehr als 233 Bußgeldstellen im Land.

Infos zur Zentralen Bußgeldstelle des Landes

Infos zu stationären Blitzern

Link zum Blitzerranking der Kanzlei Goldenstein

© dpa-infocom, dpa:240308-99-262694/3