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Betroffene fordern Konsequenzen aus Missbrauchsbericht

Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen erschüttert seit über zehn Jahren die katholische Kirche. Bald wird der Bericht für das Erzbistum Freiburg veröffentlicht. Opfer wollen gehört werden.

Freiburger Münster
Die St. Georgsfigur steht neben dem Freiburger Münster. Foto: Patrick Seeger
Die St. Georgsfigur steht neben dem Freiburger Münster.
Foto: Patrick Seeger

Der Betroffenenbeirat der Freiburger Erzdiözese für Opfer sexuellen Missbrauchs fordert, aus dem baldigen Bericht über frühere Fälle Konsequenzen zu ziehen. »Es ist wichtig, dass Verantwortliche mit Namen genannt werden und dass Sanktionen erfolgen - wo das noch möglich ist«, sagte die Vorsitzende Sabine Vollmer der Deutschen Presse-Agentur.

Der schon länger angekündigte Missbrauchsbericht für das Erzbistum Freiburg soll am 18. April veröffentlicht werden. Namen von Orten, wo Missbrauch passierte, sollen nicht genannt werden. Vollmer begrüßte dies, denn das schütze die Opfer. In manchen Dörfern sei es bis heute schwierig, darüber zu sprechen.

»Wir gehen im Erzbistum von rund 600 Betroffenen aus. Ich meine aber, das ist nur die Spitze des Eisbergs«, sagte Vollmer. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen. Es gibt demnach sehr viele Betroffene, die immer noch Schuld- und Schamgefühle haben. Das betrifft insbesondere die Altersgruppe von 50 bis 80 Jahren. »Ich hoffe, dass sie mit der Veröffentlichung des Missbrauchsberichts diese Gefühle überwinden und sich melden«, sagte Vollmer. Das sei wichtig, denn ein Missbrauch könne auch Jahre später Depressionen auslösen.

Das Gremium selbst gibt es erst seit knapp zwei Jahren. Die zwei Männer und zwei Frauen sollen unabhängig von der Erzdiözese arbeiten und Ansprechpartner für Betroffene sein. Der Bericht für das Erzbistum wird von vier Fachleuten aus Justiz und Kriminalpolizei erstellt. Sie untersuchen, welche Strukturen Vertuschung und Missbrauch in der Vergangenheit ermöglichten. Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger hatte bereits Konsequenzen aus dem Bericht in Aussicht gestellt.

Es gebe Unzufriedenheit mit den sogenannten Anerkennungsleistungen für Betroffene, sagte Vollmer. »Die Beträge sind nicht hoch genug.« Das Verfahren einer von der katholischen Kirche in Deutschland eingerichteten Kommission sei zudem nicht transparent, kritisierte sie. »Es wird ein Betrag genannt, aber nicht erklärt, auf welcher Grundlage er berechnet wurde.« Die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen in Bonn bewilligte laut einer Mitteilung vom Februar bisher bundesweit mehr als 40 Millionen Euro.
Das Erzbistum Freiburg zahle zudem an Menschen, die nicht arbeiten können und Hilfe brauchen, eine Opferrente in einer Höhe von bis zu 800 Euro monatlich - das sei bundesweit einmalig, sagte Vollmer.

Auch bei Therapien ist das Erzbistum Vollmer zufolge vergleichsweise großzügig. »Von einer sicheren und bedarfsgerechten Versorgung von Betroffenen sind wir allerdings noch weit entfernt.« Mehr therapeutische Unterstützung sei nötig. Auch sollte die Kirche mehr für die Ausbildung von Psycho- und Traumatherapeuten tun. Mit rund 1,8 Millionen Katholiken gehört das Erzbistum Freiburg im Breisgau zu den größten der 27 Diözesen in Deutschland.

Erzbistum Freiburg

© dpa-infocom, dpa:230409-99-256835/2