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Berlin und Paris planen Berufsausbildung ohne Grenzen

Deutsche und Franzosen helfen in Kehl seit zehn Jahren Arbeitssuchenden auf beiden Seiten des Rheins weiter. Zum Jubiläum machen Ressortchefs aus den Hauptstädten eine wichtige Ankündigung.

Berufsausbildung
Lehrlinge arbeiten mit der Metallfeile an Schraubstöcken in einer Lehrwerkstatt. Foto: Jens Büttner
Lehrlinge arbeiten mit der Metallfeile an Schraubstöcken in einer Lehrwerkstatt.
Foto: Jens Büttner

Deutschland und Frankreich arbeiten nach den Worten von Arbeitsminister Hubertus Heil an einer neuen Vereinbarung zur grenzüberschreitenden Berufsausbildung. Die beiden EU-Kernländer wollen in dem Bereich enger zusammenarbeiten, wie der SPD-Politiker am Dienstag per Videoansprache bei einem deutsch-französischen Treffen in Straßburg sagte.

»Das ist ein starkes Signal an die Jugend, nicht nur in Deutschland und Frankreich, sondern auch in ganz Europa«, sagte Heil. Sein französischer Amtskollege Olivier Dussopt sagte ebenfalls per Video, es gehe darum, einen Teil der Ausbildung auf der jeweils anderen Seite der Grenze zu absolvieren.

Anlass für das Treffen war das zehnjährige Bestehen der ersten deutsch-französischen Einrichtung, die grenzüberschreitend Arbeit vermittelt. Die Agentur Straßburg-Ortenau im badischen Kehl ist weiter die einzige, in der Beschäftigte der deutschen Arbeitsagentur und der französischen Partnerbehörde Pôle emploi unter einem Dach arbeiten. Seit 2013 wurden fast 10.000 Menschen beraten, annähernd 4000 von ihnen fanden auf beiden Seiten des Rheins direkt einen Job.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen sagte in einer aufgezeichneten Grußbotschaft, die Arbeitslosigkeit in Europa habe zwar ein sehr niedriges Niveau erreicht. Doch die Jugendarbeitslosigkeit sei immer noch viel zu hoch: »Was für eine Verschwendung von Talent.« Es fehlten gleichzeitig in wichtigen Wirtschaftsbranchen Fachkräfte.

Die Arbeitssuchenden in Kehl kommen hauptsächlich aus dem benachbarten Straßburg und Umgebung, sagte die Leiterin für grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Arbeitsagentur Freiburg, Astrid Holzer, der Deutschen Presse-Agentur. »Es gibt aber auch Menschen, die in Deutschland leben und Interesse an Stellen in Frankreich haben.« Ziel der Vermittler sei es, einen »360-Grad-Blick« zu haben: »Es geht also nicht nur um die Richtung Elsass nach Deutschland.«

Die Interessierten kämen aus allen Branchen, aus der Produktion, aus dem Verkauf und dem Management, sagte Holzer. »Wir wollen uns die Fachkräfte nicht gegenseitig abwerben«, versicherte sie. In der Agentur werden im Schnitt rund zehn Gespräche pro Arbeitstag geführt. Die Einrichtung am Kehler Bahnhof war zum 50-jährigen Bestehen des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages 2013 ins Leben gerufen worden - von der Leyen unterzeichnete als damalige Arbeitsministerin den Vertrag.

Holzer machte deutlich, dass die Sprache eine Hürde ist. »Die Unternehmen stellen bei Helferjobs aber nicht mehr die Sprachkenntnisse an erste Stelle.« Das Bewerbungsverfahren sei auch anders: »Wir beraten die Menschen, dass in Deutschland Motivationsschreiben, Lebenslauf und Passbild erwartet werden.« Es würden auch nicht alle französischen Abschlüsse automatisch in Deutschland anerkannt.

Einen Wunsch hat die Vermittlungsexpertin auch: Es sollte die Möglichkeit geben, Arbeitnehmer aus beiden Ländern in einer gemeinsamen Fortbildung zu qualifizieren. Als Beispiel nannte sie das Fahren von Gabelstaplern: »Das ist noch sehr schwierig.«

Die Arbeitslosenquote in Baden-Württemberg betrug zuletzt 3,9 Prozent. Im Ballungsraum Straßburg liegt sie nach örtlichen Angaben etwa doppelt so hoch.

Service für grenzüberschreitende Arbeitsvermittlung

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