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Bauern warten vergeblich auf Regen

Seit Wochen hat es nicht geregnet. Das ist bestens für den Baggersee und bitter für die Bauern. Denn ohne das ersehnte Wasser verkümmert das Getreide auf den Feldern in der wichtigen Wachstumsphase. Bleibt es so, dürfte auch der Wasserverbrauch stärker diskutiert werden.

Sonne
Die Sonne scheint über einem Rapsfeld. Foto: Oliver Berg
Die Sonne scheint über einem Rapsfeld.
Foto: Oliver Berg

Nicht nur im Wald, auch auf den Feldern ist es in diesen Wochen staubtrocken, es klaffen teils tiefe Risse im Boden. Landwirte mehrerer Regionen in Baden-Württemberg warnen vor einer »Notreife«. Erste Einbußen werden nach Angaben des Landesbauernverbands (LBV) auf schlechteren Böden bereits erwartet, weil das Korn beim Trockenstress nicht voll ausgebildet wird.

Dabei hatte das Jahr gut angefangen: Ein feuchtes Frühjahr hatte den Boden gestärkt, Landwirte erwarteten ein gutes Jahr. Das mag für die Wintergerste und den Winterraps auch so sein, weil sie bereits ausgebildet sind, der Winterweizen hingegen ist laut Bauernverband mitten in seiner Ausbildung, der sogenannten Kornfüllungsphase. »Jetzt ist Wasser entscheidend, aber es ist keines da«, sagt Dominik Modrzejewski, LBV-Fachreferent für Pflanzliche Produktion, der dpa.

Probleme sieht er auch beim Mais. »Da sind die Wurzeln noch nicht so stark ausgebildet, weil er wegen des langen Regens erst im April gesät werden konnte.« Es sei zwar zu früh, von einer unterdurchschnittlichen Ernte zu sprechen. »Aber das Stimmungsbild hat sich deutlich geändert.«

Das sieht Landwirt Werner Kunz aus Ubstadt-Weiher (Kreis Karlsruhe) ähnlich. »Bis Ende Mai haben wir mit einer guten Ernte gerechnet, aber nun hat es vor vier Wochen das letzte Mal geregnet«, sagt er der dpa. »Seit dem letzten Wochenende ist regelrecht Alarmstufe.« Das Getreide habe er gedanklich »bereits abgehakt«, auch für den Mais sehe es »ganz übel« aus. »Der steht jetzt normalerweise 120 Zentimeter hoch auf dem Feld, im Moment kommt er aber nur auf 30 Zentimeter«, sagt Kunz. Das Besondere am laufenden Jahr sei, »dass die Trockenheit früh eingesetzt hat. Das war im vergangenen Jahr bei uns erst Ende Juli, Anfang Augst der Fall.«

Nicht nur die Hitze wird für die Pflanzen zum Problem, auch der trockene Wind macht ihnen zu schaffen. Zieht er über die Getreidefelder, nimmt er auch die letzte Feuchtigkeit mit. Vor allem der Raum Karlsruhe stöhnt unter der Last, auch im Neckar-Odenwald sind die Erwartungen der Landwirte laut Verband eher düster. »Die Tendenz geht ganz stark dahin, dass Extremwetterereignisse wie lange Trockenphasen zunehmen und die Ernten schlechter werden«, sagt LBV-Referent Modrzejewski.

Deshalb sei es für Landwirte auch wichtig, sich nicht nur auf den Anbau zu verlassen, sondern breiter aufzustellen. »Photovoltaik auf dem Feld, Urlaub auf dem Bauernhof oder Biogas. Es ist wichtig, dass die Landwirte mehrere Eier im Korb haben, falls mal eines herausfällt«, sagt der Verbandsexperte.

Hält die Trockenheit an, wird auch die Debatte um den Wasserverbrauch an Fahrt aufnehmen. Umweltschützer warnen angesichts längerer Trockenperioden bereits vor einer Zunahme. »Immer mehr Personen und Gruppierungen, vor allem landwirtschaftliche Betriebe, möchten Oberflächen- oder Grundwasser nutzen«, sagt Jochen Goedecke vom Referent Landwirtschaft und Naturschutz beim Landesverband des Naturschutzbundes (Nabu) in Stuttgart.

Er regt an, darüber nachzudenken, die Wasserentnahme kostenpflichtig zu machen. »Hier kann es Sinn machen, monetäre Steuerungsinstrumente einzuführen.« Wer das gesellschaftliche Gut Wasser nutzen wolle, sollte auch dafür zu bezahlen bereit sein. Solche Überlegungen gibt es nach Auskunft eines Sprechers des Umweltministeriums in der grün-schwarzen Landesregierung aber nicht.

Der Sprecher von Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) sagte, grundsätzlich sei es so, dass Wasserentnahmen, für die Wasserentnahmeentgelt anfalle, von den sogenannten Entnehmern durch einen Zähler gemessen werden müssten. Auch wenn Entnehmer durch eine Ausnahme vom Wasserentgelt befreit seien, wie etwa für das Beregnen oder Berieseln von Feldern oder von forstwirtschaftlich genutzten Flächen, bräuchten sie eine Erlaubnis unter Angabe der geplanten Entnahme. »Es darf also nicht jeder so viel entnehmen, wie er möchte.«

Andere Bundesländer wollen Landwirte für ihren Wasserverbrauch dagegen zur Kasse bitten. So sollen die Bauern in Zeiten des Klimawandels zu einem sparsameren Wasserverbrauch bewegt werden. Zuletzt hatte etwa die Ampel-Regierung in Rheinland-Pfalz angekündigt, künftig Geld für die Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser in der Land- und Forstwirtschaft zu kassieren. Das geplante Gesetz soll Anfang 2024 in Kraft treten. Für einen Kubikmeter Grundwasser sollen sechs Cent, für einen Kubikmeter Oberflächenwasser 2,4 Cent fällig werden.

In anderen Bundesländern gibt es teilweise bereits entsprechende Regelungen oder sie werden diskutiert, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab.

Landkreise und Kommunen schränken den Gebrauch von Wasser vereinzelt bereits durch sogenannte Allgemeinverfügungen ein. Am Freitag schloss sich der Landkreis Ravensburg an. Dort darf nun einen Monat lang kein Wasser mehr aus Seen und Flüssen entnommen werden. »Betroffen davon sind auch diejenigen Personen und Firmen, die eine behördliche Erlaubnis haben, Wasser aus einem oberirdischen Gewässer zu entnehmen um beispielsweise Felder zu bewässern«, heißt es in einer Mitteilung.

© dpa-infocom, dpa:230616-99-74027/3