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Baerbock: Krieg darf niemals zur Normalität werden

Seit fast einem Jahr tobt der russische Angriffskrieg in der Ukraine. Der Krieg dürfe nie zur Gewohnheit werden, warnt die Außenministerin - und pocht als Antwort darauf auf tiefgreifende Reformen in der EU.

Annalena Baerbock und Winfried Kretschmann
Außenministerin Annalena Baerbock und Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (beide Grüne). Foto: Marijan Murat
Außenministerin Annalena Baerbock und Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (beide Grüne).
Foto: Marijan Murat

Außenministerin Annalena Baerbock macht sich angesichts des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine für tiefgreifende Reformen in der Europäischen Union stark. Genau jetzt sei der Moment, die gemeinsame europäische Sicherheits- und Außenpolitik zu stärken, sagte die Grünen-Politikerin am Donnerstagabend in Stuttgart bei einer Europa-Veranstaltung. Baerbock pochte auf mehr Entscheidungen nach dem Mehrheitsprinzip in der Europäischen Union. Man habe Europa vielleicht viel zu lange als eine Selbstverständlichkeit hingenommen, sagte sie. Aber: »Dieses Europa ist eben nicht selbstverständlich - es ist in Gefahr.«

Man dürfe sich nie an den russischen Angriffskrieg in der Ukraine gewöhnen. »Dieser Krieg darf niemals zur Normalität werden«, sagte Baerbock. Würde man Russlands Annexionen einfach so hinnehmen, wäre man in ganz Europa, vielleicht auf der ganzen Welt, nicht mehr sicher.

Die Außenministerin pochte auf mehr Entscheidungen nach dem Mehrheitsprinzip in der EU. »Wir haben in den vergangenen Monaten immer wieder gesehen, wie im Rat einzelne Mitgliedsstaaten eine starke gemeinsame europäische Haltung verhindert haben - etwa bei Menschenrechtsfragen«, sagte sie. »Das können wir uns nicht länger leisten.« Die Bundesregierung setze sich deshalb für mehr Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit in der EU ein, gerade in der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik.

»Und das heißt natürlich auch, dass wir als Deutschland im Rat überstimmt werden können«, betonte Baerbock. Niemand lasse sich gerne überstimmen - aber manchmal sei das notwendig um vorankommen. Neben konstruktiven Enthaltungen nannte sie die sogenannte Passerelle-Klausel in den EU-Verträgen, mit der man Mehrheitsentscheidungen in einzelnen Bereichen beschließen könne.

Baerbock warnte auch vor einer zu starken Abhängigkeit von China. Es sei »ein Risiko, wenn einzelne große Unternehmen so stark vom chinesischen Absatzmarkt abhängig sind, dass sie handlungsunfähig würden, wenn er wegbräche«. Sie warnte vor einem wirtschaftlichen Klumpenrisiko. Die Lösung sei aber nicht, sich zu entkoppeln - das funktioniere nicht in einer vernetzten Weltwirtschaft. Die Antwort müsse sein, einseitige und riskante Abhängigkeiten zu reduzieren und gemeinsam zu diversifizieren. »Je breiter sich die europäische Wirtschaft aufstellt, desto stabiler ist sie.«

Baerbock will am Freitagabend bei der Münchner Sicherheitskonferenz den neuen obersten chinesischen Außenpolitiker Wang Yi treffen.

© dpa-infocom, dpa:230215-99-608643/5